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Krieg gegen Libyen sofort stoppen!
Deutsche Unterstützung beenden!

Redebeitrag von Joachim Guilliard bei der Kundgebung „Krieg gegen Libyen stoppen!“ am 21.3.2011 in Heidelberg
Siehe dazu auch das Flugblatt zur Kundgebung

Wir protestieren hier gegen einen erneuten Krieg, westlicher – man muss es deutlich sagen – imperialistischer Staaten. Gegen einen Krieg alter Kolonialmächte, die ihre Politik nie grundsätzlich geändert haben, gegen ein einst kolonialisiertes Land.

Mit einer Geschwindigkeit die alle überrumpelte machten die USA, Frankreich und GB den Weg für den Krieg frei und begannen auch sofort mit schwerem Bomben und Raketenangriffen. Der libyschen Regierung wurde sowenig Gelegenheit gegeben, auf den Sicherheitsratsbeschluß zu reagieren, wie den Staaten, die in Libyen vermitteln wollten. Kein Flugzeug der libyschen Luftwaffe hatte das über das Land verhängte Flugverbot verletzt und dennoch ging ein wahrer Bombenhagel auf die Städte und die Straßen des Landes hernieder.
 

All die Blauäugigen, die meinten ein Flugverbot wäre ein Art Stop-Schild, das in die Luft gehalten wird, sahen sich schnell getäuscht. Neben Abwehrstellungen, die i.d.R. in den Städten stehen, die sie schützen sollen wurden auch viele zivile Einrichtungen getroffen, darunter auch eine Klinik in Tripoli. Auch zahlreiche Fahrzeuge wurden angegriffen. Bilder der dabei angerichteten Verwüstungen zeigen vor allem Dutzende von ausgebrannten zivile Fahrzeuge.
Es ist kein „Krieg gegen Gaddafi“ wie heute viele Schlagzeilen lauten, sondern wie immer ein Krieg gegen das ganze Land. Neueste Meldungen gehen bereits von über 90 Opfern und Hunderten von Verwundeten aus.
Es war vor allem auch ein Krieg auf den gezielt hingearbeitet wurde. Allem Geschwätz vom Schutz der Zivilbevölkerung zum Trotz haben die Nato-Länder konsequent jegliche Vermittlungsinitiative torpediert und die Aufständischen dazu angehalten, auf keinen Fall sich auf irgendwelche Verhandlungen und Kompromisse einzulassen.
Nach zweimal Irak, Jugoslawien, Somalia und Afghanistan begann somit der sechste Krieg von Nato-Staaten seit Beginn der sog. „Neuen Weltordnung“ die US-Präsident George Bush sen. 1991 verkündete. Der Kriegsbeginn fällt traditionsbewusst fast genau auf die Jahrestage zweier dieser Kriege dem gegen Jugoslawien von 1999 und dem zweiten Irakkriegs von 2003. Letzterer beinhaltete im Übrigen auch schon die Warnung an Tripoli, dass das gleichfalls ölreiche Libyen eines der nächsten Ziele sein könnte.
Deutschland hat dem Krieg nicht zugestimmt, das war löblich, sie tut jedoch auch nichts dagegen. So werden die Angriffe gegen Libyen von Möhringen bei Stuttgart aus koordiniert, wo das US-Kommando für Afrika (AFRICOM) seinen Sitz hat. Wir fordern daher erneut, endlich alle US-Basen im Land zu schließen.

Viele befürworteten ein Eingreifen der Nato aus Sympathie für die libyschen Freiheitskämpfer und weil sie meinen, man müsse verhindern, dass Gaddafi mit Luftangriffen „sein eigenes Volk abschlachtet“.
Doch wie vorgestern auch DPA meldete, gibt es erhebliche Zweifel daran, dass es solche Luftangriffe auf Zivilisten gab. Selbst US-Verteidigungsminister Robert Gates gab an, bisher keine Beweise dafür gesehen zu haben. Russische Stellen schließen dies auf Basis ihrer Satellitenaufnahmen aus.

Zweifelsohne gab es brutale Einsätze gegen Demonstranten, doch so sehr wir das, wie überall verurteilen, es ist kein Grund für einen Krieg.

Selbstverständlich haben wir Sympathie für die Protestbewegungen, die für mehr Freiheit und Demokratie auf die Straße gehen – in Libyen wie anderswo. Nur darum geht es im Moment in Libyen offensichtlich nicht, sondern um eine militärische Intervention in einen Bürgerkrieg auf der Seite bewaffneter Aufständischen.
Die Ereignisse in Libyen unterscheiden sich in vieler Hinsicht von den Protestbewegungen in den anderen arabischen Ländern. In Tunesien und Ägypten war es eine zivile Oppositionsbewegung, die von Woche zu Woche wuchs und es war die allein die große Menge von Leuten, die in Massendemonstrationen der Brutalität der Regierungskräfte trotzen, die die Machthaber in Bedrängnis brachten, den Regimen weitreichende Zugeständnisse abrang und schließlich ihre Symbolfiguren stürzten.

Auch in Libyen gingen junge Leute mit der Forderung nach mehr Freiheit, mehr Demokratie auf die Straße. Sie bilden jedoch eher die Kulisse, als dass sie nennenswerten Einfluss auf die Ereignisse nehmen konnten. Fast von Beginn an dominierten bewaffnete Rebellen.

Der zivile Teil der Protestbewegung, der den Bewegungen in anderen arabischen Ländern gleicht, sprach sich recht deutlich gegen jegliche äußere Einmischung aus. Umso lauter schrien die im sog. „Libyschen Nationalrat“ vereinten, bewaffnet kämpfenden Gaddafi-Gegner nach militärischer Unterstützung der Nato. Nur diese wurden in westlichen Medien als Repräsentanten der libyschen Opposition, wenn nicht „des Volkes“ präsentiert.

Über diese Aufständischen weiß man wenig. Einige Gruppen haben seit Jahren gute Verbindungen zu den USA oder Frankreich. Bei anderen geht es um Stammesrivalitäten oder Rivalitäten innerhalb der libyschen Führungs-Cliquen. Andere haben sich spontan angeschlossen.
Doch auch wenn man wenig Genaues sagen kann, so sollte schon die Zusammensetzung der Kräfte stutzig machen, die ihnen nun mit aller Macht zum Sieg verhelfen wollen.

Die energischsten Unterstützer sind genau die Kräfte, die zuvor noch lange danach trachteten, die Machthaber in Tunesien und Ägypten an der Macht zu halten. So hat die französische Regierung, die Ben Ali sogar praktische Unterstützung bei der Niederschlagung der tunesischen Opposition anbot, als erste den „Libyschen Nationalrat“ als neue legitime Vertretung Libyens anerkannt. Der Schmalspur-Napoleon Sarkozy ließ auch die französische Luftwaffe am Samstag als erstes an ihrer Seite in den Bürgerkrieg eingreifen.
Hinzu kommen die Feudalherren vom Golf, die auch bis zuletzt an Mubarak und Ben Ali festhielten, die in ihren Ländern ebenfalls die demokratische Oppositionsbewegung brutal bekämpfen und die vor ein paar Tagen in Bahrain einmarschierten, um die dortigen Proteste gewaltsam zu ersticken.
Und schließlich nicht zuletzt die USA und GB, die vor 8 Jahren unter fadenscheinigen Vorwänden den Irak überfielen, zerstörten und seither mit Unterstützung der vormaligen irakischen Opposition besetzt halten.

Wenn die Nato-Länder tatsächlich irgendwo eine Zivilbevölkerung schützen wollen – in Afghanistan und Pakistan könnten sie dies auf einfachste Weise tun – durch ihren Rückzug.

Während SPD, Grüne – gemäß ihrem neuen Motto „Nie wieder Krieg ohne uns“ für ein militärisches Eingreifen in Libyen trommeln, töten Nato-Truppen am Hindukusch Woche für Woche Dutzende Menschen. Zur selben Zeit, als die UN-Resolution 1973 verabschiedet wurde, ermordeten die USA über 40 Menschen durch Drohnenangriffe auf eine Stammesversammlung in Pakistan.
Kommentatoren wundern sich über die Haltung Sarkozys, die sie als erstaunliche Kehrtwendung betrachten. Dabei ist es viel naheliegender, dass er und die arabischen Feudalherrscher sich von den, von ihnen unterstützten Teilen der Gaddafi-Gegner genau das erwarten, was sie auch an Mubarak und Ben Ali so schätzten: Die Beseitigung von allem basisdemokratischen und sozialistischen Schnickschnack, so völlig unvollkommen dieser auch ist und die Durchsetzung einer autoritären, konsequent marktliberalen Herrschaft, die sowohl pro-westlich als auch zutiefst religiös-islamisch ist.
Das militärische Eingreifen in Libyen, die Internationalisierung des Bürgerkriegs könnte sich zudem auch als hilfreich bei der Eindämmung der Protestbewegungen in den anderen Ländern erweisen. Diese scheinen bereits tief gespalten in Befürworter dessen, was sie als Unterstützung eines Befreiungskampfes durch die Nato ansehen und denen die eine westliche Intervention in einem arabischen Land ablehnen, die klar vor Augen haben, was die USA und GB im Irak angerichtet haben und wer die jüngsten Überfälle Israels gegen den Libanon und den Gazastreifen deckte.

Natürlich darf man auch nicht vergessen, dass in Libyen enorme Ölreserven liegen, die größten in Afrika und sich die meisten Ölfelder genau dort befinden, wo die Aufständischen ihre Hochburgen haben.

In Libyen scheint „der „Grad der Unterdrückung“ nicht „durchdringender und schwerer zu sein“ als in anderen autoritär regierten Ländern, schreibt der international bekannte Völkerrechtsexperte und UN-Sonderberichterstatters für die Menschenrechte in Palästina, Richard Falk.
„Andere Gesichtspunkte geben eine bessere Erklärung: Zugriff auf und die Preisgestaltung beim Öl, Rüstungsexport, Sicherheit von Israel und der Bezug zur neoliberalen Weltwirtschaft.“

Nichts habe man aus den Kriegen in Vietnam, Afghanistan gelernt, so Falk mit Blick auf selbsterklärte Menschenrechtsverteidiger wie die Grünen, weiter. Man fahre stattdessen mit drei eklatanten Fehlern fort: Wir fordern: