Lila Sax (Schülerin) auf auf der Demonstration gegen den Krieg im Irak am 5.4.2003

Guten Tag.

Schade das ihr da sein musst. Scheiß Krieg. In den letzten Wochen haben wir in zahlreichen Zeitungen und anderswo über Militärstrategien, Bomben, Tode und Verletzte lesen können. Wir haben Bilder von Gefangenen, verletzten Kindern, Rauchwolken und Soldaten vor unseren Augen geführt bekommen. Im Radio hörten wir Berichte von der Front, Debatten in verschiedenen Parlamenten, Reden von Vertretern verschiedener Organisationen. Sie haben uns kein Bild eines Blitzkrieges geliefert, kein Bild eines Krieges, der keine Zivilisten fordert. Das einzige, was sie bestätigt haben ist dies: Es gibt keine Sieger im Krieg, nur Verlierer auf allen Seiten.

Aber entscheidender ist, dass sie uns eine subjektive Sicht der Dinge vermittelt haben. Man findet in den Zeitungen selber Hinweise darauf, dass nicht alles, was man liest, geglaubt werden kann. Mit dem Krieg an der Front kommt der Krieg in den Medien. In diesem Land existiert Meinungs- und Pressefreiheit. Unsere Freiheit besteht aber nicht darin, dass wir eine Auswahl an Zeitungen haben, sondern dass wir auswählen. Sie besteht nicht in den Nach-richten ,sondern in dem Nachdenken. Hierin besteht unsere Freiheit, und diese müssen wir wahrnehmen.

Denn niemand kann uns vorgeben, was "richtig" oder "falsch" ist. Auch ich teile euch nur meine subjektive Meinung mit. Ich kann euch nicht sagen, ob es Demokratie ist, was die amerikanische Regierung im Irak aufbauen will. Ich kann euch nur eines sagen, ich glaube es nicht. Und ich glaube viele von euch stimmen mir zu.

Sicher ist, dass die Bevölkerung im Irak unter einem Diktator litt. Aber sicher ist auch, dass sie unter den internationalen Sanktionen litt. Sicher ist auch, dass sie jetzt im Krieg leidet und dass das, was unmittelbar danach kommen wird, auch Leiden sein wird. Krieg war, ist, und wird nie eine Lösung sein.

Deshalb ist es Wahn, wenn die Kriegsgegner- und damit meine ich auch unseren eigenen Bundeskanzler- als "Lösung" eine weitere, größere, "bessere" Armee vorschlägt. LASS ES SEIN!! Wir brauchen keine neuen Soldaten! Keine Panzer! Wir brauchen eine einheitliche Regierung, die jeden Krieg ablehnt, und damit die Mehrheit in der Bevölkerung vertritt. Wir brauchen ein breites Bündnis, das Krieg in all seinen Formen ablehnt. Wir brauchen Unterstützung für Bürgerinitiativen, die dies schon macht und mehr Investition in Bildung und Aufklärung.

Wir müssen selber unsere Meinung bilden. Jeder Mensch ist für seine Taten und seine Äußerungen verantwortlich. Wir haben alle die Entscheidung getroffen, heute auf die Straße zu gehen, und ich danke euch, dass ihr dies gemacht habt. Aber auch hier dürfen wir nicht aus den Augen verlieren, dass die Soldaten, amerikanische wie auch britische wie auch irakische, die in diesen Krieg eingezogen sind, auch diese Entscheidung getroffen haben, dass sie als Beruf Krieg führen wollen. Dass sie gezieltes Töten und Zerstörung lernen wollen. Das war ihre Entscheidung. Jedoch die Zivilisten, und hier rede ich wieder von allen, die vom Krieg betroffen werden, sie haben keine Wahl. Sie werden misshandelt, vertrieben, getötet.

Ich schließe mich allen an, die die Aufnahme irakische Flüchtlinge fordern. Aber diese müssen aufgenommen, nicht einfach hingenommen werden. Wir, die hier stehen, gehören nicht einem Volk an, denn dieser Begriff wurde, und wird viel zu oft missbraucht. Wir stehen hier, weil wir gegen Krieg, und damit gegen die Wurzeln und gleichzeitig verheerernsten Ausmaß an Rassismus protestieren. Und zwar zusammen, egal woher wir kommen, oder was für eine Glaube oder Nationalität wir haben. Und wenn die Rede von gespaltenen Meinungen ist, dann muss ich widersprechen, denn noch nie war sich die Welt in einer Sache so einig, noch nie sprach sie mit einer Stimme, und plädierte, und rief, und schrie wie sie nur konnte NO WAR NO WAR . . . . . .