4000 "umzingelten" das US-Hauptquartier
Demonstranten bildeten eine Menschenkette - Großkundgebung und Protestmarsch verliefen völlig friedlich - US-Dienststellen gelassen
"Wir wollen keinen Krieg": Demonstration vor dem US-Hauptquartier in der Römerstraße. Foto: Welker
Von Steffen Liebendörfer und Peter Wiest
Rund 4000 Menschen gingen in Heidelberg am Samstag gegen den drohenden Golf-Krieg auf die Straße und marschierten vom Bismarckplatz durch die Rohrbacher und die Römerstraße. Auf Transparenten verurteilten sie einen Krieg als Terror und forderten Frieden. Um das US-Hauptquartier bildeten die Demonstranten eine Menschenkette.
Zumindest für kurze Zeit war das Hauptquartier damit "umzingelt": in völlig friedlicher Mission, wie die Demonstranten betonten. Überhaupt war immer wieder zu hören, dass sich dieser Protestzug nicht gegen das amerikanische Volk, sondern gegen die Politik von US-Präsident George W. Bush richte.
"Globalisierung ist gleich Kolonialisierung" oder "Die USA abrüsten": So und ähnlich lauteten die Forderungen, die auf Plakaten und Transparenten zu lesen waren. "Wer sind die USA, dass sie den Irakern vorschreiben wollen, wie sie ihr Land zu führen haben?", fragte David Carson, der für die Vereinigung "US-Kriegsveteranen gegen Krieg" sprach. Viele Menschen in den Vereinigten Staaten glaubten nicht einmal, dass ihr eigener Präsident rechtmäßig gewählt worden sei, sagte Carson. Auch die US-Soldaten wurden aufgefordert, sich gegen einen Krieg zu stellen: "Eure Vorgesetzten wollen, dass ihr ihnen folgt. Wir fordern euch auf zu denken", sagte der Sprecher, "warum fragt ihr nicht nach dem Warum für einen Krieg?"
Während der Kundgebung verteilten Mitglieder der Anti-Kriegs-Koalition Flugblätter an die amerikanischen Anwohner, in denen diese aufgefordert wurden, ihre Regierung vom Kriegskurs abzubringen. Dabei wurde an uramerikanische Gefühle appelliert und darauf hingewiesen, dass ein unprovozierter Krieg unpatriotisch sei.
"Das US-amerikanische Interesse steht offensichtlich über allem", griff Harry Siegert vom Deutschen Gewerkschaftsbund Rhein-Neckar die Politik der US-Administration scharf an. Dies würde zum Gesetz über alle Gesetze und zum Prinzip über alle Prinzipien, sagte Siegert und vermutete, dass der Irak-Krieg "Ausdruck der amerikanischen Ambitionen zur restlosen Beherrschung des gesamten Planeten" sei.
"Krieg ist keine Naturkatastrophe und auch nicht die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln", sagte Pat Klinis für die IG Metall. Krieg sei vielmehr immer eine Bankrott-erklärung der zivilisierten Menschheit. Durch einen Krieg im Irak würde die gesamte Region vom Kaukasus bis zum persischen Golf in Brand gesetzt. Klinis: "Dem weltweit operierenden Terror würden damit nur neue Argumente gegeben."
"Wir fordern angesichts des drohenden Krieges gegen den Irak ein Ende der militärischen Kooperation mit den USA und allen anderen Staaten, die den Krieg vorbereiten", sagte Joachim Guillard vom Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg. Eine demokratische Entwicklung könne es nur ohne Krieg und Embargo geben, fuhr Guillard fort und forderte eine militärische Abrüstung anderer Länder, besonders auch der USA.
Die Kirchen meldeten sich bei der Demonstration ebenfalls zu Wort (siehe Artikel unten). Die US-Dienststellen reagierten gelassen auf die Demonstration und hatten nur ganz wenige Soldaten vor dem Hauptquartier postiert. "Diese Leute haben selbstverständlich jedes Recht zu demonstrieren", sagte US-Pressesprecher Peter Dressler, "für uns ist das völlig okay." Allerdings dürfe man nicht vergessen, dass US-Soldaten es in Deutschland nach dem Krieg erst möglich gemacht hätten, dass wieder demonstriert werden dürfe: "Und auch das Demonstrationsrecht verteidigen letztlich unsere Soldaten."