Stoppt den Krieg gegen den Irak
Keine deutsche Unterstützung - Bundeswehr sofort zurück!
Seit vielen Wochen können Waffeninspektoren im Irak ungehindert ihrer Arbeit nachgehen. Hinweise auf verbotene Rüstungsprogramme fanden sie bisher nicht. Dennoch verfolgt die US-Regierung ihren Kriegskurs unbeirrt weiter und hat zusammen mit Großbritannien ihren Aufmarsch am Golf nahezu abgeschlossen. Für sie drängt nun auch die Zeit: Der Krieg muss im März beginnen – das Kampfgebiet wird sonst zu heiß für einen Krieg am Boden und die Einsatzbereitschaft der meisten Flugzeugträger geht zu Ende.
Doch weltweit formiert sich Widerstand gegen einen neuen Krieg. Mehr als 10 Millionen Menschen gingen allein am 15. Februar in allen Teilen der Welt auf die Straße. Von London bis Ljubliana, von Paris bis Prag, von Warschau bis Wien, Von Sydney bis San Francisco, von Brüssel bis Berlin haben die Menschen deutlich gemacht, dass sie keinen Krieg wollen - weder im Irak noch anderswo.
Eine "neue Weltmacht hat sich gezeigt" urteilten auch konservative Kommentatoren: die weltweite öffentliche Meinung. Die meisten DemonstrantInnen wurden dabei in den Ländern gezählt, die den Kriegskurs unterstützen – eine Bewegung, die deren Regierungen kaum ignorieren können. »Die bloße Anzahl der Protestierenden übermittelt die kraftvolle Botschaft, dass jedes Drängen zum Krieg politische Konsequenzen für die Länder haben könnte, die Bushs Marsch in die Täler des Euphrats und Tigris unterstützen«, schrieb beispielsweise die New York Times.
Auch die überwiegende Mehrheit der Regierungen war bisher nicht bereit, Washingtons Kriegslogik zu folgen. Insbesondere Deutschland, Frankreich und Russland widersetzen sich auf diplomatischer Ebene dem Krieg: aus wohlverstandenem staatlichem Eigeninteresse, nicht zuletzt aber auch getrieben durch die klare Kriegsablehnung der Bevölkerung.
Die Haltung wichtiger Staaten, wie Deutschland, Frankreich und Russland blieb aber ambivalent. Eine öffentliche Kritik an den wahren Absichten hinter den Kriegsplänen der Bush-Administration blieb aus. Übernommen wurde die offizielle US-amerikanische Sichtweise, wonach der Irak immer noch eine ganz besondere Bedrohung darstelle – ein Krieg als "letztes Mittel" schlossen sie nie aus. Eine Haltung, die sich auch auf UNO und Sicherheitsrat übertrug und sich in der in vielen Punkten fragwürdigen Resolution 1441 niederschlug.
Zu keinem Zeitpunkt wurde in der UNO thematisiert, dass ganz offen ein Mitglied durch die weit überlegene Supermacht massiv bedroht und seit Jahren regelmäßig bombardiert wird – eklatante Verstöße gegen UNO-Charta und Völkerrecht. Der ehemalige Präsident Südafrikas, Nelson Mandela, bezeichnet daher zurecht die USA als die eigentliche Gefahr für den Weltfrieden.
Auch die deutsche Regierung hat nie das "Geflecht von Lügen um den Irak", wie es Hans von Sponeck, ehemaliger UN-Koordinator im Irak, nennt, und das Recht der Vereinigten Staaten den Irak selektiv ins Visier zu nehmen in Frage gestellt. Vertreter der Regierungsparteien haben oft aufgrund dieser Widersprüchlichkeiten in Diskussionen einen schweren Stand.
Dabei könnte die Bundesregierung ihr Nein auf eine solide Grundlage stellen: Der Irak bedroht aktuell keine Nachbarländer oder gar Europa und die USA. Daher ist jede militärische Bedrohung des Landes illegal. Die UNO-Charta erlaubt keine militärischen Maßnahmen allein aufgrund von Verstößen gegen Abrüstungsverpflichtungen oder UN-Resolutionen. Ein Sicherheitsratbeschluss der sich darüber hinwegsetzen würde, wäre völkerrechtswidrig.
Eine solche klare Festlegung hat die deutsche Regierung bisher bewusst vermieden. Würde doch dadurch die Unvereinbarkeit der Unterstützung, die sie den USA bisher bei deren Kriegsvorbereitungen leistete mit deutschem Recht offensichtlich, auf die eine Reihe namhafter Juristen und der wissenschaftliche Dienst des Bundestages hingewiesen haben.
Bundeskanzler Schröder machte aber deutlich, dass für ihn das Interesse an einer Fortführung der Waffenbrüderschaft mit den USA über der deutschen Verfassung steht: Die »volle militärische Bewegungsfreiheit der Verbündeten« dürfe nicht eingeschränkt werden. Hier gehe es »nicht um Juristerei, sondern um eine politische Entscheidung«
Nein zur "Landesverteidigung am Hindukusch"
Selbstverständlich stehen hinter dem Nein zum Krieg wirtschaftliche und geostrategische Interessen und die Erkenntnis, dass die US-Politik sich auch gegen ein Erstarken einer von Deutschland und Frankreich geführten Europäischen Union richtet. Offensichtlich gibt es aber ein noch stärkeres Interesse an der Fortsetzung einer gemeinsamen Politik mit den USA, die bei aller Konkurrenz die prinzipielle Aufrechterhaltung der herrschenden Weltordnung garantiert. Dieses Interesse wird auch von der CDU betont und zeigt sich in der Stimmungsmache vieler Medien, die keine Skrupel haben, sich für die Beteiligung an einem Krieg einzusetzen, der Zehn- wenn nicht Hunderttausenden Menschen das Leben kosten würde.
Wenn auch das klare "Nein" der deutschen Regierung auf internationaler Ebene einen wichtigen Beitrag zum Zustandekommen der breiten Ablehnungsfront von Staaten leistete, so ist die deutsche Politik daher noch lange keine Friedenspolitik.
Wir erinnern an die Beteiligung am Krieg gegen Jugoslawien, ein Angriffskrieg gegen den die selben völkerrechtlichen Einwände galten, wie sie heute auch von SPD und den Grünen gegen den Irakkrieg vorgebracht werden. Auch die fatale militärische Logik der Bush-Regierung in ihrem "Krieg gegen den Terror", der mit dem Krieg gegen Afghanistan begann und viele tausend Menschen das Leben kostete, fand die uneingeschränkte Solidarität des Kanzlers und Zustimmung bei der Mehrheit von Rot-Grün.
In immer mehr Ländern ist die Bundeswehr mittlerweile präsent. Die Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992, die vom Militärminister Struck gerade überholt werden und die vor kurzem vorgestellte Strukturveränderung der Bundeswehr bringen deutlich zum Ausdruck, dass Deutschland gewillt ist, seine Interessen international zunehmend auch militärisch durchzusetzen – "Landesverteidigung" so Struck, fände "auch am Hindukusch" statt.
Wir lehnen diese Außenpolitik und die Aufrüstung der Bundeswehr zur Interventionsarmee ebenso ab, wie die Militarisierung der Europäischen Union. Der wirksamste Schutz vor den Gefahren, mit denen die Aufstellung von Interventionstruppen begründet werden, wäre ein Abbau von Konfliktpotential u.a. durch den Aufbau einer gerechteren Wirtschaftsordnung, die auch den Menschen des Südens eine Chance für ein Leben in Würde gibt.
Der Krieg gegen den Irak kann noch verhindert werden
Wir fordern die Bundesregierung auf, im UN-Sicherheitsrat bei ihrem Nein gegen jede kriegsfördernde Resolution zu bleiben und diesem Nein endlich auch adäquate Taten folgen zu lassen. Dies bedeutet vor allem ein Ende der militärischen Kooperation mit den Staaten, die einen Krieg gegen den Irak vorbereiten. Ein Beistand der Türkei gegen einen etwaigen Gegenangriff wäre kein Schutz eines Verbündeten, sondern Eintritt in den Krieg.
Wir fordern weiter:
Wir fordern alle Soldaten auf, sich nicht an einem völkerrechts- und verfassungswidrigen Krieg zu beteiligen und ggbf. den Dienst zu verweigern.
Wir schließen uns der Abschlusserklärung der Berliner Großdemonstration am 15.2. an, in der es heißt:
Für den Frieden zu arbeiten heißt heute:
Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg