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Breiten Raum für Schreibtischkrieger - keine Kritik am Klüngel
zwischen Politik, Militär und Industrie
"Bleibt die Stadt heute ruhig?" so die aus der Luft gegriffene
Schlagzeile der RNZ am Freitag, der dann ein einfallsloses "Die Stadt
blieb ruhig" am Tag danach folgte. Wäre es nicht angemessener gewesen,
sich sich kritisch mit dem Stein des Anstoßes, dem skandalösen
"Heidelberger Sicherheitsforum" zu befassen?
Und wenn Sie, wie Sie schreiben, die "Bereitschaft der Heidelberger" gegen diese
Militärkonferenz zu demonstrieren, für gering schätzten, warum haben Sie dann nicht gewagt, die Termine der
Protestaktionen anzukündigen? Dann wären aus den insgesamt knapp 500
Teilnehmer am Morgen und am Nachmittag wahrscheinlich doppelt so viel
geworden.
Von kritischer Berichterstattung kann jedenfalls keine Rede sein, wenn
– wie vermutlich schon im Vorfeld mit dem CDU-Abgeordneten Karl A.
Lamers verabredet – an beiden Tagen allein den Initiatoren der
Konferenz viel Platz zur Selbstdarstellung und Propaganda eingeräumt
wurde.
Dabei wurde die Bemerkung Lamers, dass die Demonstranten das Recht auf
freie Meinungsäußerung der Nato zu verdanken hätten, auch durch die
Wiederholung nicht geistreicher. Tatsächlich waren es
Bürgerinitiativen, Gewerkschaften, linke und liberale Parteien, die in
den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich die Versammlungs- und
Meinungsfreiheit verteidigt haben, während die NATO bei ihrem jüngsten
Gipfel in Straßburg sehr deutlich zeigte, dass sie nicht viel vom
Demonstrationsrecht hält.
Man muss auch kein grundsätzlicher Kritiker der deutschen Militär- und
Außenpolitik sein, um die Ausführungen Franz Joseph Jungs über den
Krieg in Afghanistan gründlich in Frage zu stellen. Dass wir die Kämpfe
dort nicht "Krieg" nennen dürfen, weil nebenbei auch Straßen und
Schulen gebaut werden, ist einfach lächerlich. Die meisten
Besatzungsmächte haben dies in den von ihnen eroberten Gebieten getan –
die Straßen für ihre Truppen und die Schulen um "Herzen und Köpfe" der
Besetzten zu gewinnen.
Und was die Konferenz selbst betrifft, so müssten sich doch auch
diejenigen am Klüngel zwischen Politik, Militär und Industrie stören,
die es für sinnvoll halten, deutsche Interessen fernab der Heimat
militärisch zu verteidigen. Führt dieser Klüngel doch zu
Rüstungsprojekten, deren Kosten stets exponentiell anwachsen und am
Ende oft nicht mal richtig funktionieren; So wie der Schützenpanzer
Puma, der nun in Serienproduktion gehen soll (Kosten mind. 3,7
wahrscheinlich eher 5 Mrd. Euro), obwohl er bei allen Tests durchfiel
und zu schwer für den Transport an den Hindukusch ist; Oder der 20
Milliarden Euro teure Militärtransporter Airbus A400M, der nach wie vor
nicht flugfähig ist. So erfreulich deren Untauglichkeit natürlich für
Kriegsgegner und Humanisten ist, so bitter ist der Gedanke, wie viel
Sinnvolles mit soviel Geld finanziert werden könnte.
Misstrauisch sollte schließlich auch jeden machen, dass ausgerechnet,
die über "neue Sicherheitsrisiken" und neue Konzepte zur
"Stabilisierung" besetzter und anderer Länder vorne mitreden, deren
Umsätze direkt von dem dabei entdeckten Bedarf an Waffensystemen
abhängen.
Mit freundlichen Grüßen,
Joachim Guilliard
Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg