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Protest gegen Bundeswehr-Gelöbnis in Leimen
Am 17. September fand im Leimener Otto-
Hoog-Stadion erneut ein öffentliches "feierliches Gelöbnis"
statt.
Die jungen Rekruten sollten sich im Rahmen dieses Gelöbnisses,
so heißt es in der Einladung, sich öffentlich zu ihrer
Bereitschaft bekennen, für den Schutz Deutschlands
einzustehen.
DIE LINKE Leimen führte zusammen mit dem Antikriegsforum
eine Gegenkundgebung durch. Zur Unterstützung kam auch
Tobias Pflüger, ehem. MdEP, IMI – Informationsstelle
Militarisierung (Aufruf s.u.).
Auf
der Kundgebung machten die Protestierenden deutlich, dass
sie die wachsende Zahl öffentlicher Werbe-Auftritte der
Bundeswehr als integralen Bestandteil einer zunehmenden
Militarisierung der Gesellschaft begreifen und
bekämpfen.
Nur wenige Tage nach dem verheerenden Massaker am Kundus,
das die Bundeswehr in Afghanistan zu verantworten hat, war
ein solches militärisches Schauspiel eine
Geschmacklosigkeit (siehe auch den Leserbrief
von Joachim Guilliard dazu).
Dieses Massaker hat nicht nur überdeutlich den wahren
Charakter des Einsatzes der Bundeswehr und der NATO am
Hindukusch aufgezeigt, es zeigt auch wie verlogen diese
Gelöbnisse sind: denn spätestens seit Ende des Kalten
Krieges besteht der Daseinszweck der Bundeswehr nicht mehr
in der Verteidigung, sondern in der Intervention in fremden
Ländern zur Durchsetzung deutscher wirtschaftlicher und
strategischer Interessen (s. auch Leserbrief
von Hajo Kahlke).
Die Zentrale Forderung der Gegenkundgebung war daher
auch, die Beendigung aller Kriegseinsätze der Bundeswehr.
In
den Redebeiträgen während der Kundgebung wurden die jungen
Soldaten auch auf die Risiken ihrer zukünftigen Einsätze
hingewiesen: nicht nur das Risiko tot, verstümmelt oder
seelisch verkrüppelt zurückzukehren sondern sich auch der
Beihilfe bei schweren Kriegsverbrechen schuldig zu machen,
von der Ermordung unschuldiger Zivilisten auf Patroulie bis
zu massiven Kriegsverbrechen, wie der Bombardierung ganzer
Dörfer oder jüngst der Tanklastzüge auf den Sandbänken
im Kundus.
Die anwesenden Soldaten wurden aufgerufen, keinesfalls an
solchen Auslandseinsätzen teilzunehmen, entsprechende
Einsatzbefehle zu verweigern und notfalls lieber rechtzeitig
abzuhauen.
Der Andrang in Stadion war erheblich:
nahezu 1000 Besucher folgtem dem militaristischen Spektakel,
die meisten von ihnen Angehörige der 340 Rekruten
Der Eintritt war an sich frei, jedoch nur für all die,
die sich nicht offen gegen das Spektakel oder den
Bundeswehreinsatz in Afghanistan aussprachen.
Der Versuch einiger Demonstranten mit entsprechenden
Plakaten ins Stadion zu kommen wurde von Feldjägern und
Polizei unterbunden, teilweise äußerst ruppig. Einer
der Demontranten, der nur beharrlich versuchte durch den
Eingang zu gelangen, wurde dabei sogar zu Boden gerissen.
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Siehe auch den Bericht
der LINKEN für die Leimener Rathaus-Rundschau
und den Bericht
der RNZ v. 18.9.2009 "Die jungen Soldaten gelobten ihre Treue"
An die RNZ gingen auch zwei Leserbriefe
zum Spektakel
Riesen
Geschmacklosigkeit
Versuch mit Zapfenstreich und militärischen Brimborium aus
vergangenen Zeiten der Bundeswehr mehr Unterstützung zu
verschaffen
Leserbrief zu: "Die jungen Soldaten gelobten ihre
Treue" , RNZ v. 18.9.09
Das Bild, wie Leimens Oberbürgermeister Ernst mit
stolzgeschwellter Brust die Ehrenformation der Rekruten
abschreitet, könnte man an sich unter Live-Satire ablegen.
Angesichts des ernsten Hintergrunds, vor dem das neuerliche
öffentliche Gelöbnis der Bundeswehr im Leimener Stadion
stattfand, bleibt einem das Lachen jedoch im Hals stecken.
Nur wenige Tage nach dem fürchterlichen Massaker bei
Kundus, das die Bundeswehr zu verantworten hat, ist die
militaristische Feier eine große Geschmacklosigkeit.
Schließlich sollen diese immer häufiger veranstalteten
öffentlichen Feiern mit Zapfenstreich und sonstigem militärischen
Brimborium aus vergangen geglaubten Zeiten, vor allem dazu
dienen, der Bundeswehr wieder mehr Zuspruch und Unterstützung
zu verschaffen. Doch nicht für die klassische
Landesverteidigung, wie es die Gelöbnisformel nahe legt: Da
uns alle Feinde abhanden kamen, heißt „Verteidigung“ im
Neusprech von Struck, Jung & Co. nun militärische
Intervention in fernen Weltgegenden und zur Zeit vor allem
in Afghanistan am Hindukusch.
Die Bevölkerung, die noch immer wenig dafür zu begeistern
ist, soll sich endlich an die Bundeswehr als eine „Armee
im Einsatz“ (d.h. im Krieg) gewöhnen und daran, dass
deutsche Soldaten töten und getötet werden.
Über die mehr als 100 Afghaninnen und Afghanen, die nun getötet
wurden, als unsere wackeren Helden aus sicherer Entfernung
zwei festsitzende Tanklastzüge bombardieren ließen – zum
großen Teil einfache Dorfbewohner, die sich mit kostenlosem
Benzin versorgen wollten – mochte im Stadion jedoch
niemand reden.
Bürgermeister Ernst setzte vielmehr der Geschmacklosigkeit
dieser Feier noch eines drauf, als er, an die
Bundeswehrsoldaten erinnernd, die bereits im Sarg zurückkamen,
die Fan-Gemeinde aufforderte, DIESER Toten (mit
entsprechender Betonung) zu gedenken – ohne irgendein Wort
des Bedauerns über die unzähligen afghanischen Frauen, Männer
und Kinder, die ihre unfreiwillige „Befreiung“ mit dem
Leben bezahlten.
Es steht zu hoffen, dass einige Gemeinderäte in Leimen
ihren OB deswegen zur Rede stellen. Es wäre zudem ein guter
Anlass, die Reihe solcher vordemokratischen Militärfeiern
in Leimen zu beenden.
Joachim Guilliard
Heidelberg
Zweifach
falsches Gelöbnis: befohlene Verpflichtung zum Angriff auf
andere Länder
zu „Die jungen Soldaten gelobten ihre Treue“ , von
Werner Popanda, RNZ vom 18.9.09, Seite 7
Sehr geehrte Damen und Herren,
Mit einem fast halbseitigen Bericht - inklusive Foto von
dem „die Formation der Rekruten abschreitenden“, also
offensichtlich hier ‚Staatsbesuch’ spielenden
Bürgermeister Ernst - würdigt die RNZ das im Leimener
Stadion veranstaltete sogenannte feierliche Gelöbnis von
Bundeswehr-Rekruten.
Tatsächlich handelt es sich dabei in zweifacher Hinsicht
um ein FALSCHES Gelöbnis:
Zum einen ist es, zumindest für die normalen
Wehrpflichtigen, kein echtes Gelöbnis im Sinne einer
freiwilligen Selbstverpflichtung aufgrund einer
individuellen Entscheidung, sondern vielmehr eine befohlene
Massnahme im Rahmen eines staatlichen Zwangsdienstes.
Zum anderen läuft der Inhalt des Gelöbnisses ins Leere,
da der treue Dienst an der Bundesrepublik Deutschland im
Rahmen der Bundeswehr keineswegs darin besteht, die Freiheit
des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen, wie es in der
Gelöbnis-Formel sinngemäss heisst, sondern vielmehr darin,
andere Länder tapfer anzugreifen bzw. tapfer besetzt zu
halten.
Mit freundlichen Grüssen,
Hans-Joachim Kahlke
Heidelberg
Aufruf von DIE LINKE Leimen
ANTI-KRIEGSKUNDGEBUNG
NEIN ZUM KRIEG · NEIN ZUR NATO · RAUS AUS AFGHANISTAN
Anlässlich des Bundeswehrgelöbnisses am 17. September in
Leimen veranstaltet DIE LINKE eine Gegenkundgebung mit
Info-Tischen.
Mit öffentlichen Gelöbnissen wird versucht die
Gesellschaft weiter zu militarisieren und mental auf
Kriegseinsätze „einzustimmen“. Laut Grundgesetz darf
die Bundeswehr aber nur zur Verteidigung der Landesgrenzen
eingesetzt werden. Deshalb sagen wir, dass Gelöbnisse von
Rekruten, die im Ausland für Besatzerkriege eingesetzt
werden, verfassungswidrig sind. Dagegen protestieren wir.
DIE LINKE wird sich im Gemeinderat dafür einsetzen, dass in
Leimen zukünftig keine solchen Bundeswehrgelöbnisse mehr
stattfinden!
Alle Leimener Bürger, die – wie über 70 % der Bevölkerung
in Deutschland – Kriegseinsätze ablehnen, werden gebeten,
sich an unserer Gegenkundgebung zu beteiligen.
Datum: Donnerstag, 17. Sept. 15.00 – 16.30 Uhr
Treffpunkt: Vorplatz Otto-Hoog-Stadion,
Tinqueuxallee/Ecke L 594
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Anfahrt mit der Straßenbahn: (Linie 23 von HD bis
Leimen Endstelle, Friedhof. Dort die L 594 (Rohrbacher Straße)
überqueren, 50m Richtung Nussloch bis zur Tinqueuxallee
laufen und zum Stadion abbiegen.
Anfahrt mit dem Auto von HD: L 594 bis zur
Hirtenwiesenstraße fahren, in diese abbiegen, dann sofort
links in Bürgemeister-Weidemaierstraße abbiegen, bis zum
Schwimmbad/Otto-Hoog-Stadion fahren und parken.
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