Ein „Ja zum Frieden“ heißt „Nein zur Nato“
Stellungnahme der Heidelberger Friedensbewegung zum neuen
Stabsgebäude der Nato in Heidelberg
- Heidelberger Friedensbewegung protestiert gegen Ausbau der
Nato-Stäbe in Heidelberg
- Die Nato ist kein Verteidigungsbündnis, sondern auf militärische
Interventionen in der ganzen Welt ausgerichtet.
- Sie führte 1999 Krieg gegen Jugoslawien und ist aktuell Teil der
Besatzung in Afghanistan und Irak.
- Die neustrukturierte Nato-Kommandozentrale und sein kürzlich neu
eingeweihtes Hauptquartier dienen der offensiveren Kriegsführung
Am 18. September wurde das neue Gebäude des Heidelberger
Nato-Hauptquartiers in den Campbell Barracks feierlich dem Militär
übergeben. „Wohlgeraten“ sei das neue, geräumige und hochmoderne
Hauptquartier, so der Vertreter des Staatlichen Hochbauamts, die Kosten
für die Staatskasse verschwieg er lieber.
Auch Oberbürgermeisterin Beate Weber ließ es sich nicht nehmen, an den
Feierlichkeiten teilzunehmen. Sie freute sich öffentlich über die
„wichtige Standortentscheidung“ für „unsere Stadt“. Für ein Mitglied
der „Mayors for Peace“, den „Bürgermeister/innen für den Frieden“ eine
ziemlich merkwürdige Haltung, ist das neue Gebäude doch explizit für
eine offensivere Kriegsführung bestimmt.
Wir protestieren gegen den Ausbau der neuen Nato-Führungsstäbe hier in
Heidelberg, die sie, in enger Zusammenarbeit mit den US-amerikanischen
Kommandozentralen befähigen sollen, Kriegseinsätze in weit entfernten
Regionen zu zuleiten. Wir protestieren auch gegen die Beteiligung von
Repräsentanten der Stadt an dieser militärischen Feierlichkeit und der
damit verbundenen Verharmlosung des kriegerischen Aspekts der neuen
Einrichtung.
Kein Verteidigungsbündnis
Entgegen der weit verbreiteten Ansicht ist die Nato schon lange kein
Verteidigungsbündnis mehr, zum Schutz seiner Mitglieder vor Angriffen
Dritter. Umzug und Umorganisation des alten Hauptquartiers in
Heidelberger ist Teil einer Umgestaltung der Nato, vollständig weg von
der klassischen Landesverteidigung hin zu offensiven Militäreinsätzen
in der ganzen Welt.
Zum ersten Mal zeigte sich diese Umorganisation im Frühjahr 1999 mit
dem Angriff der Nato auf Jugoslawien in brutaler Deutlichkeit. Noch
während des Krieges wurde die neue Ausrichtung des transatlantischen
Militärbündnisses durch die Verabschiedung der neuen Nato-Strategie
schriftlich festgehalten. Im Zentrum stehen nun Ressourcensicherung und
imperialer Ordnungsanspruch – ohne Rücksicht auf UNO und Völkerrecht.
Im neuen „Strategischen Konzept des Bündnisses“ wird neben der
Verhinderung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und
regionalen Instabilitäten explizit die „Unterbrechung der Zufuhr
lebenswichtiger Ressourcen“ sowie „die unkontrollierte Bewegung einer
großen Zahl von Menschen“ (Ziffer 24) und „unzureichende oder
fehlgeschlagene Reformbemühungen“ von Staaten (Ziffer 20) als Gründe
für militärische Interventionen der Nato genannt. Ein Mandat der UNO
für solche Interventionen gilt höchstens noch als wünschenswert, das im
Völkerrecht verankerte Gewalt- und Interventionsverbot als obsolet.
Die Struktur der Nato wurde diesen neuen, offensiven Anforderungen
angepasst. Im Zentrum der Bemühungen steht die Fähigkeit, rasch größere
Truppenkontingente, die „Schnellen Reaktionstruppen“, in weit entfernte
Gebiete entsenden zu können. Die stark ausgebaute Heidelberger
Kommandozentrale der Nato ist zugeschnitten auf die sich daraus
ergebenden neuen Anforderungen.
„Kein Frieden mit der Nato“
Schon in den 90er Jahren war die alte Heidelberger Nato-Zentrale in das
offensiver ausgerichtete „NATO Joint Headquarters Centre“ umgewandelt
worden, die ihre Feuertaufe im Krieg gegen Jugoslawien und der
anschließenden Besetzung des Kosovos erhielt.
Dem Krieg gegen Jugoslawien folgte die Beteiligung der Nato am
sogenannten „Krieg gegen den Terror.“ Sie übernahm im August 2003 die
Führung der „Internationalen Sicherheitsunterstützungskräfte“ in
Afghanistan (ISAF), den Oberbefehl hatte zu Beginn ihr Hauptquartier in
Heidelberg
Die ISAF-Mission verschmilzt mittlerweile im Zuge der Ausweitung ihres
Einsatzbereichs mit den Kampfeinsätzen britisch-amerikanischen Truppen
im Süden des Landes, in die der völkerrechtswidrige Angriffskrieg nach
der Besetzung des Landes überging.
Nicht nur in Afghanistan, auch im Irak ist die Nato Teil der
militärischen Besatzung. Sie stellt hier faktisch die ca. 10.000
Soldaten starke „Multinationale Division“ (MND), der der
Mitte-Süd-Sektor des Iraks unterstellt ist. Offiziell wird diese zwar
von Polen geführt, tatsächlich stellt aber die Nato den wichtigsten
Teil der Führungskräfte und der Kommunikation, sowie der Transport- und
Nachschubkapazitäten.
Afghanistan, Irak ... - Heidelberg ist immer dabei
Wie stark die Nato-Strukturen in Heidelberg in die aktuelle Kriege
verstrickt sind, zeigt sich u.a. daran, dass der Chef der nun „Allied
Land Component Command“ genannten Kommandozentrale, General McKiernan,
gleichzeitig Oberbefehlshaber der US-Truppen in Europa ist. Zuvor
führte dieser Viersternegeneral den Oberbefehl über die
Invasionstruppen im Irak.
Sollte es in naher Zukunft zu einem Krieg gegen Syrien oder Iran
kommen, so wird dabei auch das neue Hauptquartier eine Rolle spielen.
Die neuen Strukturen der Nato, wie die entsprechenden in der Bundeswehr
und der WEU, werden nicht mehr Sicherheit und Stabilität bringen. Die
Bereitschaft und Fähigkeit zu rascher Intervention wird die Zahl der
kriegerischen Konflikten im Gegenteil weiter erhöhen.
„Kein Frieden mit der Nato“ – die alte Forderung der
Friedensbewegung nach Auflösung des aggressiven Militärbündnisses ist
drängender den je.