Hajo Kahlke, Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg, am 5.4.03. vor dem US-Hauptquartier
Während der letzten zwei Wochen habe ich in der Kriegsberichterstattung des Fernsehens und des Radio vielleicht fünfzig mal das Wort "Diktatur" gehört - aber kein einziges Mal das Wort "Aggressor". Die angegriffene Seite - und auf sie, nicht auf den grossen Weltdiktator, ist der Begriff immer gemünzt - wird also in aller Schärfe charakterisiert, die Angreifer-Seite hingegen mit aller verschleiernden Nachsicht!
Von "Koalitionstruppen" ist da etwa die Rede, und "Koalition" das klingt nach einer ordnungsgemäß gebildeten Regierung, nach legaler Staatsgewalt - wo es sich doch in Wahrheit um fremde, rechtswidrig in den Irak eingedrungene INVASIONSTRUPPEN handelt.
Oder da ist von den "Allierten" die Rede, ein Wort, das an die Normandie 1944 und Oklahoma Beach denken lässt und an den Verteidigungskrieg gegen Hitler-Deutschland - die Realität jedoch ist ein Eroberungs- und Unterwerfungs-Krieg der USA, ein hässlicher Kolonialkrieg des 21.Jahrhunderts. Warum sagen sie statt "Allierte" denn nicht wenigstens ANGREIFER, wenn sie sich schon nicht trauen, das deutlichere Wort AGGRESSOR in den Mund zu nehmen?!
Besonders lügnerisch aber sind die jetzt ständig zu hörenden Worte "Wiederaufbau" und "Nachkriegsordnung". Natürlich, wer hätte etwas dagegen, wenn der Irak wiederaufgebaut würde, und Ordnung ist ja immer etwas Positives und nach dem Krieg ist allemal schön. Der Irak im Sinne eines unabhängigen Staates soll nach dem Willen der Kriegsherren jedoch mitnichten wiederaufgebaut werden, vielmehr soll ein BESATZUNGSREGIME installiert werden - ob nun in der Variante einer direkten US-Miltärdiktatur oder ob mit ein paar irakischen Karsais als Fassade.
Dieses Besatzungsregime, diese Besatzungsherrschaft, ist die direkte Fortsetzung des Krieges, und deshalb genauso Unrecht und Verbrechen wie Angriffskrieg selbst. Wer zurecht die Kriegshilfe Deutschlands (Überflugrechte, AWACS-Einsätze, Kasernen-Bewachung etc.) ablehnt, muss logischerweise auch jede Form von deutscher Hilfe für ein derartiges Besatzungsregime ablehnen. Völlig verkehrt wäre es übrigens, hier auch noch einer 'Einbindung der UNO' das Wort zu reden, die der völkerrechtswidrigen Besetzung des Irak lediglich einen scheinlegalen Anstrich geben würde, nichts anderes wäre als ein Art politischer Geldwäsche für unrechtmäßig erworbenes Gut (hier gleich ein ganzes Land!).
Die UNO soll stattdessenallenfalls dann in den Irak, wenn die Agressoren und sämtliche ihrer willigen Helfer den Irak wieder vollständig verlassen haben! Bis dahin kann und soll die UNO sinnvollerweise nur eines tun: Die Aggression und die rechtswidrige Besetzung immer hartnäckiger zu verurteilen.
Die Heidelberger Schülersprecher haben die großartige Aktion "Ein Schutzwall für das Völkerrecht" durchgeführt .In ihrem und im Sinne aller Kriegsgegner wäre nun schlicht verrückt, die Geltung des Völkerrechts zwar VOR einem oder während eines Kriegs einzufordern, aber NACH einem Krieg zu sagen 'Schwamm drüber'.
Es ist doch wie bei einem ganz gewöhnlichen Räuber: Zuerst versucht man, zu verhindern, dass er überhaupt seinen Raub beginnen
kann. Konnte er ihn trotzdem beginnen, tut man alles, damit er von der Beute wieder abläßt. Und hat er dier Beute doch einkassiert, sagt man nicht 'o.K., Du hast gewonnen', sondern geht man mit aller Kraft daran, sie ihm wieder abzunehmen! Die jahrzehntelang kolonisierten Länder der Dritten Welt können ein Lied davon singen, wie wichtig es ist, die ungebetenen Gäste, deren Eindringen man nicht hat verhindern können, dann so bald wie möglich wieder hinauszukomplimentieren.
Unsere Parole NEIN ZUM KRIEG gilt weiterhin, und wir müssen sie präzisieren:
Völkerrecht statt Aggression!
USA raus aus dem Irak!