Mathias Kohler (Friedensplenum Mannheim):
Antwort auf Dieter Fehrentz Stellungnahme zu Grässlin: Widerstand Ja - aber gewaltfrei!
Lieber Dieter,
Dein Rundschreiben als Antwort auf die Presseerklärung des
DFG-VK-Bundessprechers Jürgen Grässlin hat mich schockiert und zur Antwort
gereizt.
Du erklärst den (militärischen) Widerstand gegen eine Besatzungsmacht per se
für legitim und von "welcher Art der Widerstand ist, hängt von den
Gegebenheiten ab." Damit gibt's Du einen Persilschein aus, da nach Deiner
Meinung "nur von den Überfallenen selbst entschieden werden" kann, wie
dieser Widerstand auszusehen habe. Das heißt doch nur, wer Völkerrecht und
Menschenrecht missachtet, muss damit rechnen, mit gleicher Münze heimgezahlt
zu bekommen. Und das finden wir auch noch rechtens?
Die Friedensbewegung hat sich immer gegen Gewalt, Krieg und Terror
ausgesprochen. Wir werden dies auch weiterhin tun, auch dann, wenn Gewalt
und Terror von Gruppen ausgeführt werden, die sich als Anhänger des
Baath-Regimes oder als religiöse Fanatiker dem Terror verschrieben haben.
Wir haben in der Tat eine grundsätzliche Meinung dazu, ob der Widerstand mit
politischen und gewaltfreien Methoden oder mit Bomben und Raketenwerfern
stattfindet.
Du irrst, wenn Du behauptest, auch die Friedensbewegung könne vertreten, der
Widerstand im Irak, auf den sich die Presseerklärung der DFG-VK bezog, sei
rechtens. Bomben, Raketen und Terror sind niemals rechtens, egal von welcher
Seite aus sie kommen. Dazu haben wir uns als Friedensbewegung ganz klar und
eindeutig positioniert. Die Gewaltfreiheit gehört zu unseren
Grundpositionen, die nicht disponibel sind.
Was mir bei der gegenwärtigen Diskussion über die Terroraktionen im Irak
sehr missfällt, ist, dass von manchen Leuten immer gleich vom sogenannten
Widerstand gesprochen wird, wenn Menschen in die Luft gesprengt werden. Sind
wir denn schon so weit, dass wir nicht mehr zwischen Widerstand und
Terrorismus unterscheiden können?
Du schreibst, dass blutiger Terror gegen Unschuldige abzulehnen und zu
verurteilen sei. Gut. Aber dann sage bitte auch, ob es für Dich einen nicht
abzulehnenden Terror gegen Schuldige gibt! Waren die über 20 irakischen
Arbeiter, die vor wenigen Tagen vor dem US-Stützpunkt in die Luft gesprengt
worden sind, Unschuldige oder Schuldige, weil sie bei den Besatzungstruppen
in Lohn standen? Wo ziehst Du die Grenzen? Gibt es Bomben, die man als
"rechtens" legitimieren kann?
Lieber Dieter, was mich als jahrelanges Mitglied der VVN - eingetreten bei
einer Veranstaltung der VVN in Mannheim mit Willi Bleicher - sehr betroffen
gemacht hat, ist Dein Vergleich des Widerstandes gegen das
US-Besatzungsregime im Irak mit dem Widerstand in den von der Wehrmacht
ehemals besetzten Ländern. Ich fand es zynisch, als Joschka Fischer den
verbrecherischen und völkerrechtswidrigen Überfall auf Jugoslawien 1999 mit
den Lehren von Auschwitz begründete. Entschuldige, es ist die gleiche
Qualität, wenn jetzt beim sogenannten Widerstand gegen das
US-Besatzungsregime im Irak Parallelen zum Widerstand gegen die Wehrmacht
gezogen werden. Ich brauche Dir als langjährigen VVN-Funktionär nicht zu
sagen, welche ausschließliche Funktion solche Vergleiche haben.
Ich hoffe, dass Du meine offene und deutliche Meinungsäußerung
nachvollziehen kannst und verbleibe
mit solidarischen und pazifistischen Grüßen.
Mathias Kohler