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Friedensbewegung
Kriegsgegner als Waffenbrüder im Geiste?
Bericht löst heftigen Streit um Legitimität von gewaltsamen Widerstand aus 
 
Von Tom Strohschneider,  Neues Deutschland vom 16.12.03

Wie weit darf Parteinahme für Anschläge auf die Besatzungstruppen in Irak gehen? Ein TV-Bericht über die Unterstützung von Widerstandskämpfern durch deutsche Kriegsgegner sorgt für Streit in der Friedensbewegung.

Setzt manch ein deutscher Pazifist im Kampf für die gute Sache auf die falschen Mittel? Ein Bericht der ARD-Sendung Panorama vom vergangenen Donnerstag droht die deutsche Friedensbewegung zu entzweien.
Im Mittelpunkt stehen dabei Äußerungen von Joachim Guilliard vom Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg. »Was ich auch für vernünftig halte, ist, den Besatzungstruppen entsprechende Verluste zuzuführen«, wird Guilliard in dem Beitrag zitiert. Der Informatiker hat inzwischen erklärt, Panorama habe seine Aussagen »völlig aus dem Zusammenhang gerissen« und durch »entsprechenden Schnitt zweier Sätze« entstellt. Volker Steinhoff, einer der zuständigen Redakteure des NDR, wehrte sich gegen solche Kritik und nannte den Vorwurf »absurd«.
Gegenüber ND erklärte Guilliard, weder er noch das Heidelberger Friedensforum hätten je zur Gewalt oder zur finanziellen Unterstützung von Anschlägen in Irak aufgerufen. An der »Lauterkeit der Ziele der KämpferInnen« will Guilliard dennoch keine Zweifel aufkommen lassen. Der bewaffnete Widerstand sei schließlich »völkerrechtlich nicht zu beanstanden« – so bedauerlich es ist, wenn US-Soldaten »tot oder verstümmelt zurückkehren«.
Für solche Argumente ist der Bundessprecher der Deutschen Friedensgesellschaft (DFG-VK), Jürgen Grässlin, nicht zu haben. Wer »das Abschießen von Soldaten gutheißt, ist weder Pazifist noch Humanist und stellt sich selbst außerhalb der Friedensbewegung«.
Guilliard hält dem die durchaus kontroverse Diskussion über die Legitimität »der von Unterdrückten ausgeübten Gewalt gegen ihre Unterdrücker« entgegen, räumte zugleich aber ein, dass die Situation in Irak mit den Bedingungen früherer »Waffensolidarität« – etwa bei der Unterstützung von Befreiungsbewegungen in den 70er und 80er Jahren – nicht vergleichbar sei. Mit vielen Organisationen, die derzeit in Irak zum Widerstand gegen die Besatzungstruppen aufrufen, habe er »nur wenig gemein«.
Was Joachim Guilliard und andere allerdings nicht davon abhält, Geld für den »Widerstand« zu sammeln. Auch in dem inzwischen in zahlreichen Internet-Foren heiß diskutierten Panorama-Bericht war über die Kampagne »10 Euro für das irakische Volk im Widerstand« berichtet worden. Für Guilliard kaum mehr als ein weiterer Beweis für die tatsächliche Intention des Panorama-Beitrages, die Friedensbewegung zu diffamieren. Der Spendenaufruf habe »in Heidelberg gar keine Rolle gespielt«, so Guilliard – der ebenso zu den Unterstützern gehört wie »junge welt«-Redakteur Rüdiger Göbel, der Guilliard per Interview Gelegenheit zur Verteidigung seiner Position gab.
Als »Ansprechpartner« der im Sommer 2003 von antiimperialistischen Gruppen angeschobenen Sammelaktion fungiert die 1992 gegründete Irakische Patriotische Allianz (IPA), die offenbar mit Überresten von Saddam Husseins Baath-Partei kooperiert und deren Anhänger sich tödlicher Attentate auf US-Soldaten brüsten.
Offenbar kein Problem für den Duisburger Initiativ e.V., der sich voll hinter Guilliards Äußerungen stellte und weiterhin für den »legitimen Widerstand« à la IPA sammeln will. Und auch der Deutsche Freidenker-Verband, der Guilliard nach dem ARD-Bericht mit einer Pressemitteilung zur Seite sprang, beharrte darauf, dass »jeder, auch militärischer, Widerstand legitim und völkerrechtlich erlaubt« sei.
Jürgen Grässlin von der DFG-VK hält von solcher Guerilla-Unterstützung wenig und fordert eine breite Diskussion darüber, »dass unter Pace-Fahnen und Friedenstauben Aktionen stattfinden und Meinungen vertreten werden, die den Zielen und Methoden der Friedensbewegung diametral entgegen stehen«.

(ND 16.12.03)