zu: "Wie hältst Du es mit der Gewalt?", RNZ, 06./07. März 2004
Sehr geehrte Damen und Herren,
es hat mich gefreut, dass die RNZ über unsere gut besuchte Veranstaltung berichtete. Die Autorin irrt aber, wenn sie meint, dass die Haltung zur Gewalt "seit alters her die Gretchenfrage der Friedensbewegung" sei. Deren Stärke war stets, dass hier Menschen zusammenkommen, die sich jenseits weltanschaulicher und politischer Differenzen gemeinsam für den Frieden und gegen Kriege engagieren. Die entscheidenden Diskussionen drehen sich daher um die Ursachen von Kriegen und bestimmten Konflikten, sowie um die Strukturen, die militärische Gewalt fördern. Wer sind die maßgeblichen Verantwortlichen und was sind die dahinter stehenden Interessen? Was können wir selbst - im eigenen Land - dazu beitragen, dass Konflikte ohne Gewalt gelöst und Kriege beendet werden können? - Das sind die wesentlichen Fragen, die die Friedensbewegung beschäftigten.
Im Vordergrund der Debatte, in deren Rahmen auch die Veranstaltung in der Volkshochschule stattfand, steht daher nicht "Wie hältst Du es mit der Gewalt?", sondern: "Wie hältst Du es mit der Besatzung des Irak". Soll man das Geschehen dem guten Willen der US-Regierung überlassen oder gibt es nicht viele Gründe, den sofortigen Abzug der Besatzungstruppen zu fordern: beispielsweise, weil die USA vorwiegend wirtschaftliche und geostrategische Interessen verfolgen, die humanitäre Lage Monat für Monat noch schlimmer wird und der Widerstand der Iraker zunimmt. Treibt die Politik der Invasoren das Land nicht direkt in einen Bürgerkrieg - kaum anders, wie vor vierzig Jahren Vietnam?
Es macht wenig Sinn, sich von hier aus gründlich mit dem Charakter des vielfältigen irakischen Widerstands auseinanderzusetzen oder mit der Frage, inwieweit bewaffneter Widerstand dort moralisch gerechtfertigt ist. Die Besatzungsherrschaft provoziert Gegengewalt in unterschiedlichen Formen - darauf haben wir keinen Einfluss.
Da die Besatzung in erster Linie dafür verantwortlich ist, muss der erste Schritt um diese Gewalt zu beenden, das Ende der Besatzung, d.h. der Abzug der Invasionstruppen, sein. Dafür engagiert sich die Mehrheit der Friedensbewegung, sowie gegen jegliche deutsche Unterstützung für die US-Besatzungspolitik.
Joachim Guilliard
Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg