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Robert Kelley, ein ehemaliger
IAEA-Inspektor aus den USA, bestätigt, dass für den neuen
IAEA-Bericht über das iranische Atomprogramm die bis heute nicht
verifizierten "Laptop-Dokumente" aus dem Jahr 2005 wieder
hervorgeholt wurden. "Das ist sehr dünn, ich dachte, sie
hätten mehr vorzuweisen," so Kelley, der zu den ersten
gehörte, die 2005 die Daten sichteten. "Das sind fast alles
alte Informationen; es ist ziemlich erschütternd, wie wenig
Neues sie gebracht haben."
"Als ich diese Dokumente vor Jahren gesichtet habe, hatte ich
den Eindruck, dass von dem Zeug nur das echt war, was man als
Informationsmüll bezeichnen könnte," erläuterte Kelly. "Darunter
gab es nur wenige, etwas interessantere Papiere wie das
Grünsalz-Dokument. Das waren nur zwei oder drei Seiten, die aber
in keiner Beziehung zu den anderen Informationen standen,
sondern auf einem ganz anderen Niveau angesiedelt waren, und ich
habe mich schon damals gefragt, ob man die bewusst unter dem
Müll versteckt hatte, um einen 'heißen Fund' zu ermöglichen?"
* * *
Der IAEA-Bericht zum iranischen
Atomprogramm:
Warum wurden die alten, unbewiesenen Vorwürfe
wieder aufgewärmt?
Der gestern veröffentlichte IAEA-Bericht über das iranische
Atomprogramm greift Informationen auf,
die ein US-Geheimdienst der IAEA bereits 2005 übergeben hat.
Einige Atomexperten bleiben aber skeptisch.
Von Scott Peterson, The Christian Science Monitor, 9.11.11
Original: Iran
nuclear report: Why it may not be a game-changer after all
Übersetzung: Wolfgang Jung
Der neue IAEA-Bericht über das iranische Atomprogramm hat nicht
die "durchschlagende Wirkung", die er hätte haben sollen, weil
einige Atomexperten Zweifel an der Qualität des vorgelegten
Beweismaterials haben und vor allem den Nachweis vermissen, dass
der Iran immer noch an Atomwaffen arbeitet.
In einem 14-seitigen Anhang zu ihrem vierteljährlichen Bericht
über den Iran, den die International Atomic Energy Agency / IAEA
gestern veröffentlicht hat, behauptet sie, neue Geheimdienst-
Erkenntnisse und andere Daten hätten große Zweifel an der
angeblich friedlichen Ausrichtung des iranischen Atomprogramms
geweckt. Aber stichhaltige Gründe für einen Krieg oder wenigsten
eine Militäraktion gegen den Iran, den sich die Falken in den USA
und in Israel erhofft hatten, liefert der IAEA-Bericht nicht.
Der Bericht beruht auf einem Informationspaket von mehr als 1.000
Seiten, das der IAEA bereits im Jahr 2005 von einem
US-Geheimdienst übergeben wurde; die Informationen sollen aus
einem Laptop stammen, das der Geheimdienst ein Jahr vorher
erhalten haben will. Die tiefe Skepsis, die bereits damals in
Bezug auf die Glaubwürdigkeit der Dokumente bestand, ist aber
geblieben; der Iran hat von Anfang an darauf bestanden, dass es
sich um Fälschungen feindlicher Geheimdienste handelt, trotz
wiederholter Versuche der IAEA, die Daten zu verifizieren und die
Zweifel zu zerstreuen.
"Das ist sehr dünn, ich dachte, sie hätten mehr vorzuweisen," sagt
Robert Kelley, ein US-amerikanischer Atomingenieur und ehemaliger
IAEA-Inspektor, der zu den ersten gehörte, die 2005 die Daten
sichteten. "Das sind fast alles alte Informationen; es ist
ziemlich erschütternd, wie wenig Neues sie gebracht haben."
Die IAEA hat die Laptop-Informationen durch Daten aus 10
Mitgliedsstaaten, aus Interviews auf drei Kontinenten und aus
ihren eigenen Nachforschungen im Iran, in Libyen, Pakistan und
Russland ergänzt.
Die IAEA behauptet, die Laptop-Daten aus dem Jahr 2005 hätten
"bestätigt und durch neue Fakten wesentlich erweitert werden
können". Sie schätzt die Informationen jetzt als "insgesamt
glaubwürdig" ein. Die Experten sind sich nicht so sicher.
Der Iran wirft der IAEA vor, sich von Washington benutzen zu
lassen
Vor der Veröffentlichung des Berichts blühten in Israel und
Washington Spekulationen, dass neue Enthüllungen militärische
Schläge rechtfertigen würden, mit denen man den Iran daran hindern
könnte, sich Atomwaffen zu verschaffen. Stattdessen kritisieren
die Experten, dass viele der Informationen Jahre alt, nicht
schlüssig und vielleicht nicht ganz echt sind.
Die IAEA gibt zu, dass sich die meisten ihrer veröffentlichten
Hinweise auf atomwaffenbezogene Arbeiten im Iran beziehen, die
(nach übereinstimmender Einschätzung aller USGeheimdienste) im
Jahr 2003 eingestellt wurden; der bloße Verdacht, dass der Iran
diese Arbeiten bis heute fortgesetzt haben "könnte", reicht nicht
aus, um den Vorwurf zu begründen, der Iran sei ein Staat, der sich
unbedingt Atomwaffen verschaffen wolle.
Der Iran "scheint nicht vom gleichen Drang nach der Entwicklung
von Atomwaffen besessen zu sein wie Nord-Korea. Belege dafür
lassen sich in dem IAEA-Bericht jedenfalls nicht finden," sagte
Shannon Kile, der Chef des Atomwaffenprojekts am SIPRI, dem
Internationalen Friedensforschungsinstitut in Stockholm.
"Ja, die Iraner machen Fortschritte, sie haben die technischen
Voraussetzungen geschaffen, die auch die Entwicklung von
Atomwaffen ermöglichen," erklärte Kile. "Es gibt aber keine
Beweise dafür, das sie ein Atomwaffenprogramm am Laufen haben. Es
sieht nicht so aus, als wollten sie Atomwaffen bauen; sie nähern
sich aber der Fähigkeit, es tun zu können."
Vertreter des Irans haben den IAEA-Bericht schon vor seiner
Veröffentlichung als ein Produkt der Feinde des Irans – der USA,
Israels und des Westens – zurückgewiesen, zu dem ihnen Yukiya
Amano, der japanische Chef der IAEA, verholfen habe.
Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat heute angekündigt, dass der
Iran "nicht ein Jota" von seinem Programm zur Nutzung der
Atomkraft streichen werde, das ausschließlich friedlichen Zwecken
diene; außerdem warf er der IAEA vor, sich zu einer Marionette des
Westens machen zu lassen.
"Warum zerstört Ihr das Ansehen der IAEA mit der Verbreitung
absurder US-Behauptungen?" fragte Ahmadinedschad in einer Rede vor
einer Fahnen schwenkenden Menge in der in der Mitte des Irans
liegenden Stadt Shahr-e Kord. "Das iranische Volk ist klug. Es
weiß doch, dass es mit zwei Atombomben nichts gegen Eure 20.000
Atombomben ausrichten könnte. Aber es baut auf etwas, dem ihr
nichts entgegensetzen könnt: auf Ethik, Anstand, Monotheismus und
Gerechtigkeit."
Die Dokumente aus dem Jahr 2005 beziehen sich auf drei atomare
Schlüsselbereiche
Die Laptop-Dokumente aus dem Jahr 2005 konzentrieren sich auf drei
Gebiete: auf das so genannte "Grünsalz-Projekt", bei dem es um die
geheime Erschließung einer Uran-Quelle gehen soll, auf Test mit
hochexplosiven Sprengstoffen und auf die Entwicklung eines
atomaren Sprengkopfs für die Shahab-3-Rakete.
In Presseberichten aus dem Jahr 2005 wird die große Skepsis
deutlich, mit der bei der IAEA akkreditierte Diplomaten die
Laptop-Dokumente damals aufgenommen haben. In mancher Hinsicht
bestehen diese Zweifel bis heute. Um diese Skepsis abzubauen, hat
man ein eigenes Kapitel des IAEA-Berichtes darauf verwandt, den
Informationen Glaubwürdigkeit zu bescheinigen. Robert Kelly, den
ehemaligen IAEA-Inspektor, der zeitweise auch als Abteilungsleiter
in der IAEA gearbeitet hat, konnte man damit aber nicht
überzeugen.
"Es besteht immer noch das Problem, dass es sich um Fälschungen
handeln könnte, denn es gibt keine Beweise dafür, dass diese
Dokumente echt sind," betonte Kelley, der auch bei Inspektionen im
Irak, in Libyen und 1993 in Südafrika viele Erfahrungen sammeln
konnte.
"Als ich diese Dokumente vor Jahren gesichtet habe, hatte ich den
Eindruck, dass von dem Zeug nur das echt war, was man als
Informationsmüll bezeichnen könnte," erläuterte Kelly. "Darunter
gab es nur wenige, etwas interessantere Papiere wie das
Grünsalz-Dokument. Das waren nur zwei oder drei Seiten, die aber
in keiner Beziehung zu den anderen Informationen standen, sondern
auf einem ganz anderen Niveau angesiedelt waren, und ich habe mich
schon damals gefragt, ob man die bewusst unter dem Müll versteckt
hatte, um einen 'heißen Fund' zu ermöglichen?"
Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass man versucht habe, der
IAEA "Daten" unterzujubeln. Er erinnerte an 1993 und 1994, als die
IAEA "sehr komplizierte Fälschungen" erhielt, die sich auf den
Irak bezogen und die dort durchgeführten Überprüfungen jahrelang
erschwerten.
"Diese Dokumente waren so aufgemacht, dass sie irakischen
Dokumenten ähnelten, unsere Nachforschungen ergaben aber, dass es
sich eindeutig um Fälschungen handelte," fügt Kelley hinzu. "Sie
waren von anderen Mitgliedsstaaten aus dieser Region gefälscht,
und der IAEA in der böswilligen Absicht untergeschoben worden, die
Untersuchungen zu verlangsamen."
Kelley erwähnte auch, dass sich die IAEA 2002 "mit ziemlich
schlechten" Fälschungen aus Italien befassen musste, die beweisen
sollten, dass sich der Irak im Niger um die Beschaffung nuklearen
Materials bemüht hatte. (Infos dazu sind aufzurufen unter http://en.wikipedia.
org/wiki/Niger_uranium_forgeries .). Die CIA habe diese
Fälschungen aufgegriffen, um der Bush-Regierung einen weiteren
Vorwand für einen Krieg gegen den Irak zu liefern.
Politisierte Wissenschaft?
Ali Asghar Soltanieh, der iranische Botschafter bei der IAEA,
bezeichnete den neuen Bericht als einen "historischen Fehler" des
IAEA-Chefs Amano. Der Iran habe die erhobenen Vorwürfe bereits
alle "entkräftet", und deshalb seien die in dem Anhang erneut
erhobenen Anschuldigungen "obsolet und nur Wiederholungen".
Amano hat die IAEA auf einen schärferen Kurs gegen den Iran
gebracht, seit er sie vor zwei Jahren von seinem ägyptischen
Vorgänger Mohammed ElBaradei übernommen hat. In der Depesche eines
US-Botschafters vom Oktober 2009, die WikiLeaks veröffentlicht
hat, teilt dieser mit, Amano habe ihn wissen lassen, dass er "bei
allen wichtigen strategischen Entscheidungen fest an der Seite der
USA stehe" – auch bei solchen, die den Iran beträfen.
Nach Meinung von Analysten wurde Amano im Sommer dieses Jahres von
den USA unter Druck gesetzt, endlich einen schärferen IAEA-Bericht
über den Iran vorzulegen, aus dem hervorgehe, dass der Iran auch
heute noch mit der Entwicklung von Atomwaffen beschäftigt sei.
"Die IAEA greift mit der "mutmaßlichen Forschungsdokumentation"
wieder auf das so genannte 'Laptop des Todes' zurück," erklärte
Shannon Kile vom SIPRI. Damit sei die IAEA "klar von ihrem
bisherigen Kurs abgewichen"; jetzt sage sie, sie habe die ihr seit
2005 vorliegenden Dokumente durch unabhängige Informationen
verifizieren können.
"Ich habe die Informationen über ein angebliches (iranisches)
Waffenprogramm, besonders hinsichtlich seiner administrativen
Verknüpfung nie so detailliert präsentiert gesehen," sagte Kile.
"Ich habe keine Möglichkeit die Informationen zu beurteilen, auf
denen der Bericht beruht, aber ihre Offenlegung ist doch
gegenwärtig ziemlich nützlich."
Für Kelley, der früher für die IAEA gearbeitet hat, ist der
vorgelegte Bericht über den Iran ein "wirklicher Mischmasch", der
eine "amateurhafte Analyse" einschließt.
Bei den angesprochenen technischen Fragen stört Kelley vor allem
die Beurteilung der iranischen "Exploding-Brigdgewire Detonators"
/ EBWs (Zündvorrichtungen). In dem IAEABericht werde behauptet,
diese Zünder seien eigentlich nur für Atomwaffen sinnvoll; daraus
werde dann geschlossen, dass der Iran Atomwaffen entwickle.
"Da irrt sich die IAEA aber. Für die EBWs gibt es viele
Anwendungen," sagt Kelley. "Wenn man in diesem Punkt falsch liegt
und dann auf diesem grundlegenden Irrtum eine Argumentationskette
aufbaut, die in eine ganz bestimmte, erwünschte Richtung führt,
... dann ist das zumindest unprofessionell."
Imminent
Iran nuclear threat? A timeline of warnings since 1979.
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www.luftpost-kl.de - Friedenspolitische Mitteilungen aus der
US-Militärregion Kaiserslautern/Ramstein
LP 209/11 – 14.11.11
(Wir haben den Artikel aus der US-Tageszeitung The Christian
Science Monitor (s. http://de.wikipedia.org/wiki/The_Christian_Science_Monitor
), der unsere in der LUFTPOST
207/11 geäußerten Zweifel an der Seriosität des
IAEA-Berichts bestätigt, komplett übersetzt und mit Ergänzungen
und Links in Klammern versehen. Anschließend drucken wir den
Originaltext ab.