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Erklärung zum Volkstrauertag 2006 und zur Gedenkfeier auf dem Ehrenfriedhof 
Offener Brief an Oberbürgermeisterin Beate Weber


Oberbürgermeisterin Beate Weber gab am 13. November eine Erklärung zum diesjährigen Volkstrauertages ab, indem sie u.a auch an die Zahl von 650.000 Opfern erinnerte, die Krieg und Besatzung im Irak bisher forderten und feststellt, "dass Krieg und Gewalt keine Lösungen für unsere Probleme bieten“

Die begrüßenswerte Erklärung steht allerdings im Widerspruch zur Art der Gedenkfeierlichkeiten, zu denen darin aufgerufen wird. Der Ort der Veranstaltung, der von Nazis gebaute "Ehrenfriedhof", wie auch militärisches Ehrenzeremoniell und Bläsersignale zur Kranzniederlegung (siehe Flugblatt der AIHD von 2003 dazu), sind nicht geeignet, einen "Weg in eine Welt ohne Krieg und Gewaltherrschaft zu zeigen", wie es in der Einladung der Oberbürgermeisterin heißt. Noch weniger die aktive Beiligung von Vertretern zweier aktuell kriegführenden Armeen, der US-Army und der Bundeswehr. 

Im folgenden dokumentieren wir einen offenen Brief an die Oberbürgermeisterin in dem wir sie auf diesen eklatanten Widerspruch hinwiesen.

(Siehe auch den Leserbrief an die RNZ zum Ablauf der Gedenkfeier)

Offener Brief an Oberbürgermeisterin Beate Weber

Heidelberg, 17.11.2006

Sehr geehrte Frau Weber,

wir begrüßen Ihre diesjährigen Erklärung zum Volkstrauertag, in der Sie an die „Schrecken des Krieges“ und an „das furchtbare Leid der Opfer aller gegenwärtigen Kriege weltweit“ erinnern. Wir stimmen mit ihnen völlig überein, „dass Krieg und Gewalt keine Lösungen für unsere Probleme bieten.“ Danken möchten wir Ihnen für die besondere Erwähnung der Zahl von 650.000 Opfern, die Krieg und Besatzung im Irak bisher forderten. Diese erschreckende Zahl, die eigentlich Konsequenzen für die deutsche Unterstützung der Besatzungspolitik der USA haben müsste, wird von Politikern der Regierungsparteien gern stillschweigend übergangen.
Vermisst haben wir an dieser Stelle allerdings einen Hinweis auf die zivilen Opfer des Krieges in Afghanistan. Eine Studie hierzu steht zwar noch aus, doch müssen wir auch hier von mehr als 100.000 Toten ausgehen. Die britische Zeitung „The Guardian“ schätzte die Zahl der afghanischen Opfer nach Umfragen bei Hilfsorganisationen vor Ort bereits im Mai 2002 auf 20.000 bis 50.000.

So begrüßenswert ein öffentliches Gedenken an die Opfer aktueller und früherer Kriege ist, so ungeeignet ist die Art und Weise wie es begangen wird. Der von den Nazis angelegte "Ehrenfriedhof" ist mit seiner faschistischen Ästhetik auf Heldengedenken ausgelegt. Er ist kein Ort, an dem glaubhaft durch Erinnern an die Opfer ein, wie Sie schreiben, „Weg in eine Welt ohne Krieg und Gewaltherrschaft“ aufgezeigt werden kann. Schon gar nicht, wenn die Feierlichkeiten durch militaristische Bestandteile, wie militärisches Ehrenzeremoniell und Bläsersignale zur Kranzniederlegung geprägt werden, die Jahr für Jahr vor allem rechte bis rechtsextreme Kreise zum Ehrenfriedhof locken.
Völlig unakzeptabel ist auch die Beteiligung von Vertretern der US-Armee, solange diese selbst gerade mörderische Aggressionskriege führt. Selbstverständlich sollten wir die Verdienste der USA bei der Befreiung Deutschlands vom Faschismus nicht vergessen und auch nicht die dabei gefallenen US-Soldaten. Es ist aber geradezu absurd, an die 650.000 Opfer im Irak zu erinnern und gleichzeitig Vertreter der Truppen, die dafür verantwortlich sind, feierlich Kränze zum Gedenken an ihre eigene Opfer niederlegen zu lassen.
Dasselbe gilt selbstverständlich für Vertreter der Bundeswehr ebenso, solange auch sie –  wenn auch in geringerem Maße – sich an völkerrechtswidrigen Kriegen, wie in Jugoslawien und Afghanistan beteiligt.

So wie die Auslandseinsätze der Bundeswehr im klaren Widerspruch zur Ihrer Feststellung stehen, dass „Krieg und Gewalt keine Lösungen für unsere Probleme bieten“, so stand auch Raban von der Malsburgs mit seiner Rede bei der Gedenkfeier 2002, die uns noch in unguter Erinnerung ist, im klaren Gegensatz dazu. Damals hat er das Gedenken an die gefallenen Wehrmachtssoldaten mit der Forderung verbunden, „Soldaten müssen weiter in Kriege ziehen, um Recht und Freiheit zu schützen.“ Wir hoffen, dass seine Unterschrift unter der Erklärung seine Abkehr von diesen Vorstellungen bedeutet und sich solche propagandistischen Kriegsrechtfertigungen nicht mehr wiederholen.

Ein glaubwürdiges „Ja zum Frieden“ muss stets ein „Nein“ zu US-und Nato-Truppen in Heidelberg und zu Bundeswehreinsätzen am Hindukusch und anderswo einschließen.

Mit freundlichen Grüßen,
Joachim Guilliard
Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg

 



Pressedienst der Stadt Heidelberg vom 13. November 2006
Quelle: http://www.heidelberg.de/servlet/PB/menu/1099733_l1/index1154525479246.html

 Zum Volkstrauertag 2006

Seit nunmehr 61 Jahren leben wir in Deutschland und mit unseren europäischen Nachbarn in Frieden und Freiheit. Mittlerweile wächst eine Generation heran, bei der schon die Großeltern Krieg und Unterdrückung nicht mehr selbst erleiden mussten. Das verdanken wir nicht zuletzt unserer stabilen Demokratie auf der Basis des Grundgesetzes und den Fortschritten der europäischen Einigung.

Jedes Jahr im November erinnern sich dennoch die Menschen in Deutschland und vielen anderen Ländern der Schrecken des Krieges. Es ist ein Tag der Solidarität zwischen den Generationen und über Ländergrenzen hinweg. Er gibt uns Gelegenheit, gemeinsam mit den Älteren um den Verlust geliebter Menschen in der Zeit der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft und des Zweiten Weltkriegs zu trauern, und erinnert uns an das furchtbare Leid der Opfer aller gegenwärtigen Kriege weltweit.

Gerade die inzwischen über 650.000 Toten des Irak-Krieges rufen uns wieder ins Gedächtnis, was schon die Initiatoren und Initiatorinnen des Volkstrauertages nach dem Ende des Ersten Weltkrieges wussten: dass Krieg und Gewalt keine Lösungen für unsere Probleme bieten, sondern nicht selten den Keim künftiger Konflikte in sich tragen.

Der Volkstrauertag will uns den Weg in eine Welt ohne Krieg und Gewaltherrschaft aufzeigen. Denn ohne Erinnerung kann es keine Zukunft geben, und ohne solidarisches Handeln lässt sich eine gerechtere Zukunft nicht denken. Wir trauern um die Toten aus Verantwortung für die Lebenden.

Beate Weber
Oberbürgermeisterin

Prof. Dr. Raban von der Malsburg
Erster Bürgermeister
Vorsitzender des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V. Heidelberg

Dr. Joachim Gerner
Bürgermeister

Dr. Eckart Würzner
Bürgermeister

Kranzniederlegung am Volkstrauertag

RNV setzt Sonderbus ein

Am Volkstrauertag, Sonntag, 19. November, um 11 Uhr wird Bürgermeister Dr. Joachim Gerner in Vertretung von Oberbürgermeisterin Beate Weber auf dem Ehrenfriedhof einen Kranz niederlegen. Alle Bürgerinnen und Bürger sind eingeladen, an der Gedenkfeier teilzunehmen.

Die Rhein-Neckar-Verkehr GmbH (RNV) setzt einen kostenlosen Sonderbus der Linie 21 zum Ehrenfriedhof nach folgendem Fahrplan ein:

Hauptbahnhof  10.30 Uhr
Stadtwerke   10.31 Uhr
Römerstraße  10.33 Uhr
Thibautstraße  10.34 Uhr
Bismarckplatz  10.37 Uhr
Hans-Böckler-Straße 10.38 Uhr
Kaiserstraße  10.39 Uhr
Alois-Link-Platz  10.40 Uhr

Die Abfahrt am Ehrenfriedhof erfolgt etwa 15 Minuten nach dem Ende der Gedenkveranstaltung.