(die anderen Redebeiträge folgen, sobald sie in digitaler Form zur Verfügung stehen. Auch kritische Zuschriften wollen wir an dieser Stelle zugänglich machen.)
Einleitungsbeitrag
Joachim Guilliard
(Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg)
Liebe Freundinnen und Freunde, sehr geehrte Damen und Herren,
Wir sind heute zusammengekommen um vor allem aktuell – unter dem Eindruck der furchtbaren Nachrichten aus den wiederbesetzten palästinensischen Städten – gegen den brutalen Einmarsch der israelischen Armee zu demonstrieren und den sofortigen Rückzug zu fordern. Es geht uns über diese dringlichste Forderung hinaus natürlich auch darum Israel aufzufordern endlich die Rechte der Palästinenser anzuerkennen und insbesondere die Besatzung der 1967 eroberten Gebiete aufzugeben, die das Hauthindernis für einen gerechten Frieden im Nahen Osten darstellen.
Die arabischen Staaten hatten auf ihrem Gipfel in Beirut der israelische Regierung einen einfachen, in der Sache auch nicht neuen aber dennoch soliden Friedensvorschlag unterbreitet – Frieden, normale Beziehungen und Sicherheit, wenn Israel im Gegenzug seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommt: vollständiger Rückzug aus den 1967 besetzten Gebieten, die Zustimmung zu einem souveränen palästinensischen Staat und eine gerechte Lösung der Flüchtlingsfrage.
Israel hat in umgehend auf seine Art beantwortet – mit dem Einmarsch der Armee in die palästinensischen Autonomiegebiete.
Die Zahl der Palästinenser die seit dem Einmarsch der Israelis ums Leben gekommen sind kann nicht einmal geschätzt werden, es sind mit Sicherheit viele hundert.
Ein weit höhere Zahl wurde verletzt, viele erliegen ihren Verletzungen, weil sie nicht behandelt werden können.
Die Armee hat eine totale Ausgangssperre verhängt, vielen hat die Mißachtung bereits das Leben gekostet. Das Flüchtlingslager Dschenin, wo Menschen auf engstem Raum leben wurde mehrere Tage aus der Luft bombardiert. Allein hier sollen hunderte Menschen verblutet sein da es keine medizinische Versorgung für sie gab.
Die Anzeichen verdichten sich, daß es hier regelrechte Massaker gegeben hat. Die Fernsehnachrichten berichteten von Massengräber in denen die israelische Armee die Leichen verscharrt, möglicherweise so der Spiegel und auch die israelische Tageszeitung Haaretz werden sie auch einfach unter den Trümmern der Häuser begraben. die in großer Zahl von Bulldozern der Armee dem Erdboden gleichgemacht werden.
Auch UN-Organisationen und das Rote Kreuz haben schwere Vorwürfe erhoben und Israel dringend aufgefordert wenigstens die Genfer Konventionen zu beachte.
Wie zu erwarten war hat diese Offensive die Gefahr terroristischer Angriffe auf israelische Zivilisten nicht verringert. Im Gegenteil. Das ist auch Scharon und seiner Regierung bewusst. Doch die Sicherheit der israelischen Bevölkerung steht nicht im Mittelpunkt der Politik des Ex-Generals, ein Kämpfer aus der Tradition der zionistischen Terrorgruppen Irgun und "Stern Gruppe". Der auch in Israel als Verantwortlicher für die Massaker von Sabra und Schatila angesehen wird und daher kein Ministeramt mehr bekleiden durfte - dafür nun Regierungschef wurde.
Scharons Politik zielte von Anfang an auf die Rücknahme israelischer Zugeständnisse bei den Friedensverhandlungen von Oslo, da eine Rückgabe des enteigneten palästinensischen Landes für ihn, wie für die Mehrheit der herrschenden Kreise in Israel nie in Frage kam – und neue Verhandlungen erst nach einer palästinensischen Kapitulation.
Diese Mehrheit hält Kompromisse angesichts der eigenen Macht für völlig überflüssig, Wieso "Land für Frieden". angesichts der haushohen militärischen Überlegenheit, angesichts der sicheren Unterstützung der USA und angesichts der Straflosigkeit mit der das Land bisher und wohl auch in Zukunft massive Verletzungen der Völkerrechts begehen und Kriegsverbrechen, wie im Libanon verüben können
Die herrschenden zionistische Kreise halten offen am Ziel der Ausdehnung Israels auf ganz Palästina fest und sind nicht bereit einen Fußbreit Land wieder herzugeben. Auch ein gleichberechtigtes Zusammenleben mit den Palästinenser ist für sie – die in ihrer rassistischen Haltung deren wachsende Zahl nur als demografische Bedrohung sehen – nicht denkbar.
In diesem Lichte muß die aktuelle Militär-Offensive gesehen werden, die von den USA trotz aller Rhetorik gedeckt wird. Allenfalls bei der Dauer der Aktion scheint es Uneinigkeit zu geben, sowie beim Umgang mit Arafat und seiner Autonomiebehörde.
Sie war nicht wie von der israelischen Regierung verbreitet, eine Reaktion auf die Selbstmordanschläge am Passahfest. Internationale Medien berichteten schon vor Wochen von Vorbereitungen für eine umfassende Militäraktion zu Wiederbesetzung der Autonomiegebiete, wofür auch 20.000 Reservisten einberufen worden waren.
Das Ziel hat Scharon schon vor Wochen vorgegeben: Das Ziel sei die Verluste der palästinensischen Seite zu steigern, hatte er Anfang März gegenüber Reportern. "Erst wenn sie zerschmettert sind, werden wir fähig sein, mit ihnen Gespräche zu führen." Bei einer ähnlichen Gelegenheit hatte er ja auch sein Bedauern geäußert Arafat nicht beim Einmarsch in Beirut getötet zu haben.
Offensichtlich zielte die Offensive zunächst auf die Zerstörung aller Ansätze von palästinensischer Eigenstaatlichkeit und Selbstverwaltung. Der ausgeübte Terror, die weitere Zerstörungen ziviler Infrastruktur zielt aber auch generell darauf den Widerstand der Palästinenser gegen die fortgesetzte Landnahme militärisch zu brechen, gegen die Verweigerung ihres Rechts auf Selbstbestimmung und des Rechts der Flüchtlinge auf Rückkehr militärisch zu brechen.
Israel wird die aktuelle Operation wohl in ein/zwei Wochen beenden müssen. Mehr Zeit können die USA Israel nicht geben, wenn sie es sich nicht dauerhaft mit allen arab, Ländern verscherzen wollen – schließlich wollen sie auch bald einen Krieg gegen den Irak führen.
Doch bleiben werden die ungeheuren Zerstörungen die die. Lebensumstände noch einmal gründlich verschlechterten und die Angst davor, daß der israel. Terror jederzeit zurückkehren kann.
Angesichts der Tatsache, daß Minister Scharons und auch ein großer Teil der Medien den "Transfer", d.h. die Vertreibung der pal. Bevölkerung befürworten ist davon auszugehen, daß es auch darum geht, dauerhaft Angst und Schrecken zu verbreiten und zusammen mit der Zerstörung der Lebensgrundlagen Teile der Bevölkerung zum Verlassen der Westjordanlands zu bewegen..
Gegen diese furchtbare Politik regt sich auch Widerstand im Land selbst. Zunehmend verweigern Offiziere den Dienst in den bes. Geb.. Versuchen Friedensgruppen Hilfe in die eingeschlossenen Städte zu bringen. Doch diese Kräfte sind nach wie vor in der Minderheit und benötigen dringend unsere Unterstützung. Eine einhellige, klare unzweideutige Kritik würde ihre Wirkung in der kulturell auf Europa ausgerichteten israel. Öffentlichkeit auf Dauer nicht verfehlen.
Palästinenser, wie die israelische FB fordern uns auch auf, unsere Regierungen zu Drängen, endlich ihre Möglichkeiten auszuschöpfen um wirksamen und spürbaren Druck auf die israelische Regierung auszuüben. Die angekündigte Einstellung von Rüstungslieferungen ist sicher ein wichtiger erster Schritt. Aber auch alle wirtschaftlichen Vergünstigungen und finanziellen Hilfen müssen ausgesetzt werden, bis Israel seinen völkerrechtlichen Verpflichtungen nachkommt.
Der nun häufig geforderte Einsatz bewaffneter UNO-Truppen hingegen, wozu sich natürlich auch wieder Kanzler Schröder sofort wieder aufdrängen will, ist abzulehnen.
Neben prinzipiellen Bedenken gibt es dagegen ganz praktische Einwände. Da ein solcher Einsatz ja nur mit Zustimmung Israels möglich wäre, läßt sich leicht ausrechnen, welche Staaten diese Truppen hauptsächlich stellen würden und wer den Oberbefehl erhielte. Wir hätten sicher an erster Stelle die USA und Großbritannien. Selbst wenn noch ein paar andere Staaten aus Europa oder sonstwo dabei wären. Warum sollten den Palästinenser ausgerechnet die Staaten, die bisher einseitig Israel unterstützten nun plötzlich auf dieser Weise wirklich zu Hilfe kommen, man würde doch damit eher den Bock zum Gärtner machen.
Wenn diese Staaten – in erster Linie die USA aber auch die EU-Staaten – sich tatsächlich für eine gerechte Lösung für das palästinensische Volk einsetzen wollten, so könnten sie dies – angesichts der vollständigen Abhängigkeit Israels – wesentlich einfacher tun: durch politischen und wirtschaftlichen Druck.
Sollte Israel einem Ende der Kampfhandlungen zustimmen – was ja auch Voraussetzung für den Einsatz von UNO-Truppen, egal wie "robust", wäre und seine Armeen aus den Autonomiegebieten zurückziehen, so genügten zivile Beobachter durchaus. Angesichts der katastrophalen Lage, wären daher neutrale UNO- und Hilfsorganisationen sicher die angemessenste internationale Präsenz.
Ich fasse die wichtigsten Forderungen der aufrufenden Organisationen noch einmal zusammen.
Wir halten internationaler Druck auf Israel und Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung dringend für:
Ein wirklicher Frieden in Palästina ist nur zu erreichen durch:
Wir fordern daher die Bundesregierung auf:
Stellungnahmen:
Offenen Brief der AIHD an die OrganisatorInnen der Demonstration