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mit den Aufrufen
Redebeitrag von Michael Csaszkóczy
Antifaschistische Initiative HD (AIHD)
Redebeitrag von Joachim Guillard,
Heidelberger Forum gegen Militarismus und Krieg
Offener
Brief an OB Würzner wegen des Vorgehens der Polizei
Antwort OB Würzners
Fr. 20. November 2009
Afghanistan - Krieg
ohne Ende?
Chancen und
Perspektiven nach acht Jahren "NATO-Frieden"
mit Dr. Matin Baraki
19:30 Uhr Neue
Uni Heidelberg (mehr
...)
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Proteste gegen städtische Volkstrauertagsfeier auf dem
Ehrenfriedhof 2009
Bericht, Bilder
und Redebeiträge (zur
Vergrößerung, auf die Bilder clicken)
Die
städtische Gedenkveranstaltung auf der einstigen
Nazi-Propagandastätte "Ehrenfriedhof" wurden dieses Jahr von
massiven und vielfältigen Protesten begleitet. Diese
begannen um 10 Uhr mit einer friedlichen und ruhigen
Kundgebung am Eingang der Anlage an denen sich ca. 50
Menschen mit Reden, Transparenten und musikalischen
Beiträgen beteiligten.
Viele der KundgebungsteilnehmerInnen wollten anschließend
auch in angemessener Weise an der offiziellen städtischen
Gedenkveranstaltung auf dem Ehrenfriedhof selbst teilnehmen.
Die Polizei versperrte jedoch, zum Teil unter Anwendung
erheblicher Gewalt, Leuten mit Schildern, auf denen an die
Opfer der Wehrmacht, der Naziregimes oder aktueller
deutscher Kriegseinsätze erinnert wurde den Zugang zum
Friedhof. Einzelne wurden sogar mit dem Einsatz von Hunden
und Pfefferspray gedroht.
Als
unerwünscht eingestuft wurden vom Einsatzleiter der Polizei
und dem später hinzugeholten Leiter des Bürgeramtes, Bernd
Köster, der das "Hausrecht" inne hatte, beispielsweise
folgende Schilder:
„Wir erinnern an die hunderttausenden Opfer von
US-Army, Bundeswehr und NATO in Jugoslawien, Afghanistan
und im Irak“ und
„Wir gedenken der unzähligen ZivilistInnen, die von der
Nazi-Wehrmacht ermordet wurden.“
Leute aus dem reaktionären Spektrum hingegen konnten
die Zeichen ihrer Gesinnung ungestört spazieren tragen:
Offiziere durch Uniformen, die über und über mit Orden
behängt waren, Burschenschafter mit Käppi und diverse Träger
von Kränzen.
Die militärischen Delegationen umfaßten allein 2-3
Dutzend Offiziere. Ein guter Teil davon gehört - den Rängen
in den hier stationierten Stäben zufolge - vor ein
Kriegsverbrechertribunal. Stattdessen prägten sie das Bild
der schwach besuchten Veranstaltung.
Während
einige AntimilitaristInnen und AntifaschistInnen am Eingang
offen für das Recht stritten, auf einer öffentlichen
Gedenkfeier der Stadt auf durchaus angemessene Weise ihre
Meinung kundzutun und damit das einseitige Gedenken um die
wesentlichen Aspekte zu erweitern, konnten andere ihre
Plakate unter der Jacke auf den Platz bringen und
präsentieren. Einigen war es sogar gelungen, ein Transparent
mit der Aufschrift „Wir gedenken aller Wehrkraftzersetzer
und SaboteurInnen“ zu entrollen. Dieses und die
Schilder, blieben während der gesamten Veranstaltung
unmittelbar neben dem faschistischen Opferstein, an dem die
Kränze niedergelegt wurden, präsent.
Wie nötig dies war, unterstrich Bürgermeister Bernd
Stadel durch seine Rede. Ohne im geringsten auf die Proteste
einzugehen, schwadronierte er davon, dass die Frage
von Krieg und Frieden sich für Deutschland heute ganz neu
stelle und betonte die Notwendigkeit deutscher
Kriegseinsätze im Ausland. Anschließend widmete er das
diesjährige Gedenken den 81 Bundeswehrsoldaten, die seit
1992 bei Auslandseinsätzen gefallen sind. Für die zivilen
Opfer deutscher Truppen gab es nicht mal ein leises Bedauern
-- eine Neuauflage des alten Heldengedenkens.
Diese Widmung der diesjährigen
Volkstrauertags-Veranstaltungen an die gefallenen
Kriegsfreiwilligen der Bundeswehr und die Werbung für die
deutschen "Friedensmissionen" war keine Heidelberger
Besonderheit sondern lief bundesweit, war also
offensichtlich zentral geplant.
Redebeitrag von Michael Csaszkóczy (AIHD)
Die Gedenkstätte, auf der hier im Anschluss die Spitzen der
Stadtverwaltung gemeinsam mit Militärs aus Bundeswehr und
NATO aufmarschieren werden, offenbart schon in ihrer
Architektur ihre Herkunft und ihren Charakter als
nationalsozialistische Propagandastätte.
Zu Beginn der 1930er Jahre, das Ende der Massenschlächterei
des Ersten Weltkrieges war gerade einmal zwanzig Jahre her,
sehnten die deutschen Industriellen nichts sehnlicher herbei
als einen neuen Krieg, zur Erweiterung der Absatzmärkte, um
Zugang zu neuen Rohstoffen zu erhalten und zur Eroberung
fremden Kapitals. Zu diesem Zweck förderten sie nach Kräften
die aufstrebende NSDAP, die neben ihrer Kriegshetze zugleich
Garantin dafür war, dass die Bekämpfung des Bolschewismus
mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln für sie oberste
Priorität hatte. 1933 war es dann so weit. Der Machtantritt
der Nazis brachte nicht nur die ersten Terrormaßnahmen gegen
Jüdinnen und Juden, KommunistInnen und SozialdemokratInnen
mit sich, sondern auch das Ingangsetzen einer gigantischen
Propagandamaschine. In Heidelberg diente dazu unter anderem
die Errichtung eines sogenannten „Ehrenfriedhofs“ hier auf
dem Ameisenbuckel für die Gefallenen des ersten Weltkrieges
durch den Reichsarbeitsdienst. Der sollte selbstverständlich
nicht an alle deutschen Gefallenen erinnern – die Namen der
gefallenen Juden wurden sorgsam aus den Listen getilgt.
Die Glorifizierung vergangener Schlächtereien war auch
damals schon der erste Schritt zur Vorbereitung der
geplanten neuen. 1934 war es dann so weit: Der
Nazi-Oberbürgermeister Carl Neinhaus konnte mit
stolzgeschwellter Brust im Braunhemd die vor uns liegende
Monströsität eröffnen.
Schon bald galt es, Platz zu schaffen für neue sogenannte
Helden, die ihren Einsatz im nationalsozialistischen
Vernichtungskrieg nicht überlebt haben –
Wehrmachtsangehörige ebenso wie Mitglieder der SS wurden
hier mit Inschriften und Grabkreuzen geehrt. Nach 1945 war
die uneingeschränkte Beweihräucherung des Massenmordes
allerdings doch nicht mehr ganz opportun. Auf dem
faschistischen Opferstein im Zentrum der Anlage wurde
verschämt die entpolitisierende und gleichmacherische
Aufschrift „Den Opfern von Krieg und Gewalt in aller Welt“
angebracht. Damit wurden die Nazimörder und ihre Opfer in
einen Topf geworfen und zu gemeinsamen Opfern des Bösen an
sich erklärt, das keine Herkunft und keine Täter kennt.
Wer heute im Internet nach Texten über diesen Friedhof
sucht, wird auch auf die Internetseiten des „Volksbundes
Deutsche Kriegsgräberfürsorge“ stoßen. Dort betreibt man
unverhohlene Geschichtsklitterung. Die Geschichte des
Ehrenfriedhofs beginnt für den „Volksbund“ mit seiner
Restaurierung 1953!
Die alljährliche Gedenkveranstaltung am sogenannten
Volkstrauertag war immer wieder Anziehungspunkt für Rechte
aller Couleur. Neben militanten Neonazis hatten sich
insbesondere revanchistischen Studentenverbindungen hier ein
angemessenes Wirkungsfeld und Ambiente versprochen. Den
Aufruf zum diesjährigen Aufmarsch auf dem Ehrenfriedhof
stammt von Oberbürgermeister Eckart Würzner, der selbst
Alter Herr des Corps Suevia ist – jenes Corps also, das auch
heute noch bei jeder Gelegenheit sein ehemaliges Mitglied,
den hochrangigen SS-Funktionär Hanns Martin Schleyer
hochleben lässt. Würzner lässt es in seinem Text nicht an
Deutlichkeit fehlen: Es sei, so schreibt er „richtig und
wichtig, dass deutsche Soldaten an Friedensmissionen in der
Welt beteiligt sind. Deutschland stellt sich damit der
Verantwortung, die die internationale Staatengemeinschaft
von unserem Land erwartet.“ Die Feier sei in diesem Jahre
insbesondere den 81 Bundeswehrsoldaten gewidmet, die im
vergangenen Jahr gefallen sind. Von den Opfern deutscher
Soldaten
findet sich in dem Text kein Wort.
Damit bleibt Würzner der Geschichte des „Ehrenfriedhofs“
treu: Er verbindet die Verharmlosung vergangener deutscher
Angriffskriege mit der Propagierung aktueller und neuer
deutscher Kriegseinsätze in aller Welt. Dass der Aufruf auch
vom grünen Bürgermeister Wolfgang Erichson und dem
sozialdemokratischen Bürgermeister Joachim Gerner
unterzeichnet ist, ruft offensichtlich nicht einmal mehr
irgendwo Verwunderung hervor.
Inhalt, Form und Ort dieser Gedenkfeier sind ein Schlag ins
Gesicht für alle Opfer der faschistischen Wehrmacht. Sie
sind darüber hinaus eine ungeheuerliche Verharmlosung
deutscher Kriegsverbrechen und eine geschmacklose Propaganda
für Kriege als Mittel zur Durchsetzung politischer und vor
allem wirtschaftlicher Ziele – denn dass es bei den
Kriegseinsätzen in Afghanistan und im Irak um die
Durchsetzung von Menschenrechten ginge, das ist selbst bei
höchstem demagogischen Aufwand niemandem mehr zu vermitteln.
Wir werden keine Ruhe geben, bis die morbiden
militaristischen Spektakel auf dem Ameisenbuckel der
Vergangenheit angehören. Für die Verharmlosung vergangener
deutscher Angriffskriege darf in Heidelberg genauso wenig
Platz sein wie für die Vorbereitung, Durchführung und
Propagierung neuer Kriege.
Redebeitrag von Joachim Guillard,
Heidelberger Forum gegen Militarismus und
Krieg
Ein wesentlicher Punkt ist die Kritik an der ganzen
Tradition, an dem Ort und der Art und Weise wie die
offizielle Gedenkfeier durchgeführt werden. Der Ort eine
alte Nazigedenkstätte, die Vermengung von Opfer und Täter,
ein Universalismus beim Opfergedenken, der geradezu eine
Ablenkung ist, von dem was man eigentlich herausstellen
müsste. Hier ist den Ausführungen meines Vorredners nichts
hinzufügen.
Doch diese ganzen Feierlichkeiten bekommen auch eine immer
stärkere Bedeutung bei der Werbung für die aktuelle
Kriegspolitik. Wie das Eiserne Kreuz wird da auch wieder das
alte Heldengedenken hervorgeholt: einmal als Trost für die
Hinterbliebenen, damit diese den höheren Sinn des Todes
ihres Sohnes oder Tochter begreifen. Vor allem aber auch um
die Öffentlichkeit an den Gedanken gewöhnen, dass Krieg
wieder zum Alltag gehört und ihr den Aufbau der deutschen
Militärmacht schmackhaft machen: als Übernahme der edlen
Rolle des Beschützers und des Förderers von Demokratie und
Freiheit in den unterentwickelten Kontinenten. Am deutschen
Wesen soll nun wieder die Welt genesen.
Da muss sich der Rest der Welt schon mal warm anziehen. Die
AfghanInnen haben es schon in aller Deutlichkeit erfahren.
Für sie war es sicherlich keine Überraschung mehr, dass der
neue adlige, deutsche Kriegsminister von und zu Guttenberg
sich hinstellen kann und die Bombardierung zweier
manövrierunfähiger Tanklaster als angemessen zu bezeichnen,
obwohl mittlerweile kein Zweifel mehr besteht, dass dabei
Dutzende Zivilisten getötet wurden, der einziges
„Verbrechen“ darin bestand, sich billig mit Treibstoff
versorgen zu wollen.
Genau in dieses Horn stößt auch die offizielle Erklärung der
Bürgermeister für die heutige Feier, von der bereits zitiert
wurde.
Gewalt, Opfer gibt es hier nur in fernen Weltgegenden,
verantwortlich sind allein Fanatiker, Schurkenstaaten etc..
Da sollen „wir“, d.h. unser Staat, unsere Armee nicht
wegsehen. So wie sie nicht „wegsahen“ als es darum ging
Jugoslawien auseinanderzureißen und die Bevölkerungsgruppen
aufeinanderzuhetzen. Prima wegsehen können sie bei den
Verbrechen ihrer Verbündeter, ich erinnere nur an den
fürchterlichen Angriff auf die irakische Großstadt Fallujah
der diese weitgehend in Schutt und Asche legte, an Abu
Ghraib und Guantanamo.
„Friedensmissionen“ nennen unsere Bürgermeister die
aktuellen Kriege, Kriege, die vermutlich 100.000 Afghanen
und über eine Million Irakern das Leben kosteten.
An diese wollen sie auf keinen Fall erinnern, sondern die
heutige Feier soll vor allem den 81 Bundeswehrsoldaten
gewidmet werden, die seit 1992 bei Auslandseinsätzen
gefallen sind.
Diese haben sich als Kriegsfreiwillige zu den neuen
neokolonialen Schutztruppen kommandieren lassen, sie hatten
also eine Wahl. – Ihre Opfer hingegen hatten keine.
Ein angemessenes Gedenken an die Opfer der Weltkriege kann
nur darin bestehen, an die Opfer deutscher Gewaltpolitik zu
erinnern und an den breiten Konsens in Deutschland nach dem
Zweiten Weltkrieg: dass von deutschem Boden nie wieder Krieg
ausgehen soll.
In diesem Sinne fordern wir:
- das sofortige Ende aller Auslandseinsätze der Bundeswehr
- Abzug der US- und NATO-Truppen aus Heidelberg
- Einstellung der militaristischen Feierlichkeiten zum
Volkstrauertag
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