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Demonstration gegen das Kriegstreiberforum 15.05.2009
Redebeitrag von Joachim Guilliard, Heidelberger Forum gegen
Militarismus und Krieg
Wir sind heute hier um gegen das sog. „Heidelberger Sicherheitsforum“
zu protestieren, das seit 9 Uhr heute morgen nicht weit von hier im
Crowne Plaza Hotel am Adenauerplatz stattfindet.
Der schöne Namen Sicherheitsforum ist dabei mehr als irreführend. Wie
immer, wenn Politiker und Militärs von Sicherheitspolitik sprechen,
geht es in Wirklichkeit um Rüstung und militärische
Interventionen, d.h. um Krieg. Bei der heutigen Konferenz – sozusagen
eine Provinzausgabe der Münchener Sicherheitskonferenz – ist das nicht
anders.
Während Woche für Woche Dutzende, wenn nicht Hunderte afghanische
Zivilisten durch Luftgan¬griffe der NATO-Truppen ermordet werden,
beraten hier in Heidelberg Führungskräfte aus Militär, Politik und
Rüstungsindustrie im exklusiven Kreis, wie sie solche Kriegseinsätze
noch ausweiten können. Als erster Redner sprach
Bundesverteidigungsminister Jung , Tagungsleiter ist der ehemalige
NATO-Oberbefehlshaber in Heidelberg, General a.D. Klaus Reinhard. Unter
den weitere Referenten sind neben weiteren Offizieren und Politiker
auch Spitzenmanager einiger der größten deutschen und europäischen
Rüstungskonzerne.
In der Konferenzbroschüre steht ganz unverblümt, um was es diesen
Leuten geht: darum, wie sie auch in der aktuellen Finanz- und
Wirtschaftskrise den Ausbau der deutschen Militärmacht vorantreiben und
mehr noch, wie die Waffenproduzenten ihre Mordsgeschäfte ausweiten
können.
Selbstverständlich dürfen wir ein solches Treffen der Kriegsgewinnler
und Militärstrategen in Heidelberg nicht unbemerkt und ungestört
vonstatten gehen kann!
Deswegen stehen wir hier und deswegen waren auch heute morgen schon
über hundert Leute vor dem Crowne Plaza um die Herrschaften – Frauen
waren keine darunter – gebührend zu begrüßen.
Die Krise „könne nicht nur die Auftragslage der wehrtechnischen
Industrie, sondern auch Militäreinsätze im Ausland tangieren“ heißt es
in der Ankündigung. Dagegen wollen sie die „Entwicklung neuer
Hightechwaffensysteme“ mit „Absatzmöglichkeiten im In- und Ausland“ und
die Öffnung gegenüber dem Markt der inneren Sicherheit“ setzen.
Das heißt im Klartext, dass sie ihre Umsätze durch die technische
Optimierung von Systemen für Massenmord steigern möchten und durch
Intensivierung ihres Exports. Es geht dabei um Systeme, wie die
modernen ferngesteuerten Fluggeräte, die ihre tödliche Bombenlast
immer häufiger im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet abladen
und dabei oft ganz Familie ausrotten. Die Steuerung einer solchen
Drohne, kann dabei durchaus aus dem Warfighting Headquarters der
US-Luftwaffe im sicheren Ramstein erfolgen – es sicherlich die feigste
Form von Terror, die es heute gibt.
Wie immer werden im Rahmen der Konferenz wieder neue Sicherheitsrisiken
und Aufgaben beschworen. Konferenzinitiator Karl. A. Lamers und
Minister Jung reden in ihren Grußworten von der Verantwortung, zusammen
mit den Verbündeten weltweit für Stabilität und Sicherheit sorgen zu
müssen. Wer sich die Praxis anschaut oder die deutschen
„Verteidigungspolitischen Richtlinien“ und die entsprechenden
Strategiepapier der NATO und der EU, der wird unschwer feststellen,
dass es tatsächlich immer um wirtschaftliche und geopolitische
Interessen geht, vor allem um den Zugang zu Märkten und Ressourcen.
In den Vorträgen heute, die uns z.T. bereits vorliegen geht es vor
allem um die sog. vernetzte Sicherheit und vernetzte Krisenbewältigung,
weitere orwellsche Begriffe um die Worte Krieg und Besatzung zu
vermeiden.
Gemeint ist damit der massive Einbezug ziviler Firmen und
Organisationen, um den Einsatz von Ingenieuren, Verwaltungsfachleuten,
Juristen, Stadtentwicklern, Soziologen, Antropologen etc. um ein
erobertes Land in den Griff zu bekommen. Es geht dabei, wie man z.B.
dem Vortrag des stellv. Generalinspekteurs der BW Johann Dora entnehmen
kann, um flankierende Maßnahmen im Kampf gegen den Widerstand in den
besetzten Ländern und um die Durchsetzung einer effektiven und
möglichst dauerhaften Kontrolle der neuen Protektorate wie Bosnien oder
Afghanistan. Mit anderen Worten, es geht um eine moderne Form von
Kolonialverwaltung.
Doch besprochen wird nicht nur, wie man den Hindukusch in den Griff
bekommen kann, sondern auch Maßnahmen gegen die neuen
Sicherheitsrisiken an der Heimatfront. Um den angeblichen neuen
Herausforderungen durch die immer verwundbarere Infrastruktur zu
begegnen wirbt der Chef des Rüstungskonzern Thales Deutschland Markus
Hellenthal für den massiven Ausbau der sog. öffentlich-privaten
Partnerschafte (Public Private Partnership PPP), d.h. die
Teilprivatisierung öffentlicher Dienstleistungen und Institutionen. Die
dadurch entstehende Vernetzung von Staat und Industrie würde auch eine
vernetzte Sicherheit mit sich bringen. Dies würde nicht nur klare
Wettbewerbsvorteile für den Standort Deutschland bringen: durch
Einbeziehung polizeilicher u. militärischer Gesichtspunkte im Rahmen
eines „umfassenden Sicherheitsbegriffs“ würde dies auch die Grundlage
für „öffentlich-private Sicherheitspartnerschaften“ bilden.
Ich will nicht weiter auf diese Wortschöpfungen eingehen, sondern nur
andeuten welch weites Feld heutzutage von Militärs und
Rüstungskonzernen unter dem Begriff Sicherheit diskutiert werden.
Der Staat bemüht sich in der aktuellen Krise, die Verluste privater
Banken und Konzerne mit Hunderten von Milliarden aufzufangen. Die Zeche
dafür, wie auch für die, von der Konferenz angestrebte Steigerung der
Militärausgaben, wird die Masse der Bevölkerung bezahlen. Die
Bundeswehr operiere mittlerweile auf drei Kontinenten und zwei
Weltmeeren schreibt Militärminister Jung voll Stolz in seinem Beitrag
zur Konferenzbroschüre. Das soll nicht nur so bleiben, sondern
ausgebaut werden. Denn so Jung weiter: „Die zentralen
sicherheitspolitischen Probleme“ – zu denen laut
„Verteidigungspolitischen Richtlinien“ auch die Versorgung mit
günstigen Rohstoffen zählt – „werden unter den Bedingungen der derzeit
herrschenden Finanz- und Wirtschaftskrise noch weiter verschärft.“
D.h., auch die durch die Krise entstehenden Konflikte, Lieferengpässe,
Unruhen etc. sollen offensichtlich bei Bedarf militärisch ’gelöst’
werden –erschreckende Aussichten.
Die Kosten für den Ausbau der deutschen Militärmacht sind immens. Für
die Aufrüstung der kommenden Jahre sind im „Bundeswehrplan 2009“
bereits 89 Mrd. Euro angesetzt. Der Löwenanteil landet dabei in den
Kassen der großen Rüstungskonzerne, wie EADS und Krauss-Maffei-Wegmann.
Beide Konzerne sind mit hochrangigen Vertretern auf der Konferenz
vertreten.
Ein Problem, dass den Kriegsstrategen und -profiteuren laut
Konferenzankündigung Sorge bereitet ist die Stimmung in der
Bevölkerung, die dem allen immer noch mehrheitlich ablehnend
gegenübersteht – trotz aller Propaganda und einseitiger
Berichterstattung in den Medien.
Zeigen wir ihnen also heute so deutlich wir können, dass wir diese
blutige Geschäftemacherei nicht wollen – nicht in Heidelberg und auch
nicht anderswo!
Alle Auslandseinsätze müssen umgehend beendet und die Bundeswehr massiv
abgerüstet werden.
Fügen wir der gewerkschaftlichen Parole „Wir zahlen nicht für Eure
Krise!“ noch ein „Wir zahlen nicht für Eure Kriege!“ hinzu.